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8.1 Elyons Erstaunen

  Die langen Finger des Drachens hielten Elyon fest um ihren Bauch umklammert. Sie rief dem Drachen mehrmals zu, um seine Aufmerksamkeit zu erlangen. Vergebens. Ohne auch nur einmal den Blick nach rechts oder links zu wenden, flog das Tier voran. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als die Landschaft zu beobachten, die unter ihr vorbeijagte. Kleinere D?rfer, zwei St?dte. Wahrscheinlich das westliche K?nigreich Tannschw?rze. Reich an dunklen Nadelb?umen und Kohle.

  Elyon blies frustriert gegen eine Haarstr?hne. Sie hatte das Pech gehabt, dem fünften kaiserlichen Prinzen zu begegnen, der das Reich Tannschw?rze beaufsichtigte. Obwohl jedes K?nigreich des Kaisers einen K?nig hatte, standen ihnen immer eins seiner S?hne zur Seite, um sicherzustellen, dass die K?nige zur Zufriedenheit des Kaisers regierten.

  Und der Prinz hatte sie erkannt. Ihre T?uschung würde auffliegen. Bald würde das ganze Kaiserreich wissen, dass die Prinzessin der Sturminseln nicht tot war. Die Jagdhunde, die sie vor einem Jahr abgerichtet hatte, waren also ihm zugefallen. Wahrscheinlich ein Bestechungsgeschenk ihres Vaters. Ein Glück für sie, denn sie hatten sich ihr sofort angeschlossen, um gegen den Prinzen und seine M?nner zu k?mpfen.

  Das Meer tauchte am Horizont auf. Mit zusammengepressten Lippen musste sie beobachten, wie sie dem südlichen Teil des Landes immer n?her kamen. Und damit auch n?her an die Sturminseln. Alles, blo? das nicht.

  Elyon klopfte gegen die muskul?sen Finger des Tieres, ohne eine Reaktion hervorzurufen. Ein heftiger Windsto? schlug gegen Elyons Gesicht, als sich der Drache mit der Schnauze voran in die Tiefe schoss.

  Elyon kniff die Augen zu, um sich gegen den Wind zu schützen. Hoffentlich wusste der Drache, was er tat. Das Tier schien nicht ganz bei Verstand gewesen zu sein, als er sich mit ihr davon gemacht hatte. Der Wind lie? nach und Elyon wagte es ihre Lider ein wenig zu ?ffnen. Um im n?chsten Moment sie ganz aufzurei?en. Der Drache flog direkt auf einen Bergsee zu.

  Sie strampelte sie mit den Beinen und versuchte sich aus den F?ngen des Drachens zu l?sen, obwohl sie noch mehrere Meter über den Boden waren. Sie grub ihre Fingern?gel in die samtenen Pfoten, biss in sein Bein. Doch der Drache hielt nicht an und stürzte auf das Wasser zu. Elyon nahm tief Luft und presste ihre Lippen zusammen. Eiskaltes Wasser schlug ihr entgegen.

  Der Drache tauchte nicht auf, sondern fiel sanft tiefer in die Dunkelheit des Sees. Sein Griff lockerte sich. Elyon l?ste ihre Arme, doch der Rest ihres K?rpers blieb stecken. Sie nahm eins ihrer Wurfmesser aus den Lederb?nden um ihren Arm und rammte es in die Pfote. Sofort ?ffneten sich die Finger und Elyon strampelte sich von seinem Griff frei, dann erstarrte sie mitten in der Tiefe. Alles war dunkel. Wasser umgab sie von allen Seiten. Ihr Herz klopfte. Panisch schnappte sie nach Luft. Wasser drang in ihre Kehle hinein. Da kam sie wieder zu sich. Klappte ihren Mund zu. Sie musste hier raus. Von oben drang Licht an die Wasseroberfl?che. Mit hastigen Zügen schwamm Elyon nach oben. Sechs, sieben, acht, neun, zehn Züge. Dann brach sie durch die Oberfl?che.

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  Sie spuckte das Wasser aus ihrem Mund und sog gierig Luft ein. Ihre Lungen brannten immer noch, als sie begann nach dem Ufer zu suchen. Sie musste weg. Raus aus dem Wasser. Raus. Raus. Raus. W?hrend Elyon sich mit bebender Brust ans Ufer k?mpfte, drangen die Bilder in ihren Kopf. Die Bilder als sie das letzte Mal so schnell geschwommen war. Das letzte Mal, als sie ihre Mutter gesehen hatte. Das Bild klammerte sich an Elyon wie das kalte das Wasser an ihrem K?rper. Als w?re sie am Ertrinken, griff sie nach den Gr?sern am Ufer und zog sich aus dem Wasser heraus.

  Keuchend fiel sie zu Boden, saugte den Geruch vom Gras ein. Umschlang ihren Brustkorb der gerade dabei zu zerbersten. Ihr Herzschlag donnerte in ihrem Ohren. Atmen, befahl sie in ihren Gedanken. Sie atmete ein, z?hlte bis fünf, dann wieder aus. Langsam verschwanden die Bilder wieder. Als Elyon sich etwas beruhigt hatte, setzte sie sich auf, die Arme eng um sich selbst geschlungen, und suchte nach dem Drachen. Der graue K?rper tauchte gerade aus dem Wasser heraus. Zuerst der Kopf um Luft zu holen, dann zog der Rest des K?rpers nach, um wieder in die Tiefe zu tauchen. Wasserdampf, dachte Elyon. Sie mussten mit Dampf fliegen. Deswegen war der Drache immer so gierig nach Wasser. Und deswegen war sein K?rper immer warm.

  Mit schlotternden Knien zwang sie sich auf die Fü?e und studierte die Bewegungen des Drachen. Wenn ihre Theorie stimmte, musste der ganze K?rper wie ein riesiger Luftsack funktionieren, der sich mit Dampf füllte. Oder zumindest ein gro?er Teil davon. Sie legte ihre durchtr?nkte Tasche ab um nach ihrem Heft zu suchen. Zum Glück hatte sie es in Filz eingewickelt. Es sollte das Seebad einigerma?en überstanden haben.

  Mit triefnassen Fell stieg das lange Tier aus dem Wasser und schüttelte sich. Etwas stimmte nicht mit dem Drachen. Waren die Augen nicht vorher braun gewesen? Jetzt waren sie gelb. Und es h?rte nicht auf den Kopf zu schütteln. Ein frustriertes Knurren, dann schlug es den Kopf gegen einen Felsen, immer und immer wieder. Elyon lie? die Rasche fallen, sprintete durch das hohe Gras auf den Drachen zu und zog gleichzeitig etwas getrockneten Traumtod aus ihrem Lederbeutel heraus.

  Sie schlang beide Arme um den Kopf des Tieres und zog es von dem Stein weg. Sie rieb das Kraut nahe der grauen Nase. Der Drache brummte und versuchte sie abzuschütteln, doch sie schlang ihren freien Arm um die Kehle des Tieres und brummte ihm leise zu. Das gleiche Brummen, das sie von ihm schon ein paar Mal geh?rt hatte. Der sü?liche Geruch des Krauts hüllte sie ein. Es würde auf Elyon keine starke Wirkung haben, dazu musste sie es einnehmen. Auf Tiere wirkte es einschl?fernd. Doch für Drachen, hatte der Geruch anscheinend eine beruhigende Wirkung.

  Die Augen des Tieres wurden klarer und f?rbten sich langsam zurück in einen hellbraunen Ton.

  Erstaunt zog sie ihre Arme zurück. Statt nerv?s zu werden oder sich angegriffen zu fühlen, traf das Tier ihren Blick und hielt sich daran fest.

  ?Seltsames Wesen?, murmelte sie leise und kraulte sein Kinn.

  Der Drache winselte, schloss die feuchten Augen und lehnte den Kopf gegen ihre Brust.

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