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36.1 Elyons Schock

  Um Elyon war alles so dunkel, als würde sie sich in einem unendlichen Nichts befinden. Sie konnte nichts sehen, nichts h?ren. Es gab nur eiserne K?lte, die sie zum Fr?steln brachten. Elyon klapperte mit den Z?hnen und sah sich weiter um, ohne sich von der Stelle zu bewegen. Ihre Fü?e fühlten sich schwer an und sie ahnte, dass es nicht m?glich sein würde, sich auch nur einen kleinen Schritt weit zu bewegen.

  Ein Hauch bewegte die Haare an ihrem Hinterkopf und Elyons Eingeweiden zogen sich zusammen. Ein Atemhauch. Jemand war hier. Elyon wollte sich umdrehen, doch ihre Fü?e und ihr Nacken waren wie erstarrt.

  Da packte sie etwas Hartes am Nacken. Elyon wimmerte, zog mit ganzer Kraft an ihren Beinen, ohne Erfolg. Als w?ren sie in schwerem Schlamm gefangen.

  ?Es bringt nichts, mich zu t?ten?, r?chelte eine Stimme, die Elyon einen so kalten Schauer einjagte, dass ihre Knie weich wurden. Sie brach zusammen, doch K?nig Elyon packte sie noch fester am Nacken und hielt sie fest.

  Elyon packte mit einer Hand nach dem kn?chernen Arm und versuchte ihn loszurei?en, w?hrend Angst drohte, ihr den Verstand zu rauben.

  ?Du bist genauso korrupt wie ich, bald wirst auch du dich einer anderen Gestalt annehmen und deinen Verstand verlieren.?

  In diesem Augenblick wimmerte Elyon und schreckte hoch. Keuchend ?ffnete sie die Augen und sah sich um. Es war nicht mehr dunkel. Sie sah etwas Licht, das wahrscheinlich aus einem Fenster kam, doch warum war alles verschwommen? Elyon blinzelte mehrmals, doch ihre Sicht kl?rte sich nicht. Ihr Hals begann zu pochen.

  Wo war sie? Warum konnte sie nicht sehen? Ihr rechter Arm pulsierte und schmerzen str?mten durch ihren Unterarm. Als sie mit der linken Hand ihren Unterarm halten wollte, griff sie ins Leere. Elyon probierte es wieder. Nichts. Mit zitternder Hand suchte sie nach ihrer rechten Hand, ihren Unterarm, bis ihre Finger endlich ihren Oberarm fanden und ihn langsam abw?rts abtasteten. Er endete in einem verbundenem Stumpf.

  Ein heiseres St?hnen verlie? ihre Lippen, ihr Herz klopfte und übelkeit zog ihren Magen zusammen. Tr?nen füllten Elyons Augen, w?hrend sie wimmernd den Armstumpf abtastete. Was war passiert? Wieso hatte sie keine rechte Hand mehr?

  Da h?rte sie eine Klinke und das Quietschen der sich ?ffnenden Tür.

  ?Elyon! Du bist endlich wach!?, rief Alina, sie rannte zur ihr. Elyon konnte gerade noch ihre verschwommene Gestalt ausmachen, ehe sie zwei Arme um ihren Rücken spürte.

  ?Du bist schon seit einer Woche ohnm?chtig! Wir dachten schon, du wachst gar nicht mehr auf!? Alina schluchzte in Elyons Schulter hinein.

  Elyon wollte sie von sich sto?en, Fragen stellen, wissen, was um alles in der Welt mit ihr geschehen war. Doch ihre Kehle war wie zugeschnürt. Kein Wort kam heraus. Die Luft schien immer dünner zu werden und Elyon musste keuchen, w?hrend ihre Gedanken und Gefühle zu rasen anfingen.

  ?Es ... es tut mir leid ... du hast sicher Fragen.?

  Trotz verschwommener Sicht, hatte Elyon das Gefühl, als würde Alina sie voller Mitleid anschauen. Elyon biss die Z?hne zusammen, schluckte und r?usperte sich.

  ?Was ... kaum was sehen ... Arm ...? Ihre Stimme zitterte und brach ab.

  Alina seufzte tief. ?Als ich dich aus dem Drachen geflogen habe, war dein Unterarm zerschmettert?, erz?hlte sie langsam und mit leiser Stimme. ?Wir mussten ihn amputieren, weil das Drachenblut kaum etwas bewirkt hat und ihn nicht heilen konnte. Und deine Augen ... wir wissen es nicht genau, doch die ?rzte haben gemeint, dass sie vernarbt sind. Du hast wei?liche Flecken über dem Braun in deinen Augen. Sie sind wohl irgendwie verletzt worden, doch wir verstehen nicht wie. Kannst du ... kannst du noch was sehen??

  Statt ihr zu antworten, starrte Elyon das helle Rechteck an, wo sie das Fenster vermutete, w?hrend Tr?nen ihre Wangen herunterliefen. Vernarbte Augen. Sie hatte diese bereits gesehen. Auf den Sturminseln. Sie zu heilen, war aussichtslos.

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  Weitere Schritte hallten in der Entfernung, kamen immer n?her und hielten an.

  ?Elyon!?, rief Gilwas helle Stimme und seine Schritte schlugen gegen den knarrenden Holzboden.

  ?Gilwa! Vorsicht!?, rief Lenius ihm hinterher, doch zu sp?t. Das Gewicht des Jungen, der auf der Matratze landete, brachte das ganze Bett zum Schütteln und ein weiteres Paar Arme umschlang sie. Ein Zittern überfiel Elyons K?rper, begleitet von einem unangenehmen Druck in ihrer Brust.

  Zu viel, zu viel Berührung. Sie blinzelte. Warum fühlte sich die Haut um ihre Augen so komisch an? Als w?re sie schwerer und würde zu eng auf ihren H?hlen sitzen.

  Ihre Lider pochten, w?hrend Elyon verzweifelt versuchte, ihre Sicht zu sch?rfen, um mehr als nur helle und dunkle, braune und gelbe Flecken zu erkennen. In ihren Ohren schellte es, als würden dort unz?hlige Glocken klingeln. Stimmen erklangen im Hintergrund, doch Elyon konnte kein einziges Wort aufnehmen. Wieder überkam sie ein Fr?steln, doch selbst dann lie?en sie die Arme nicht los. Der Druck in ihrem K?rper wurde unertr?glich.

  ?Weg ... weg ... weg! Alleine lassen!? Elyon holte mit ihren Armen aus und sobald sie gegen Alina und Gilwa stie?, schubste sie beide mit aller Kraft weg.

  Sobald sie wieder frei war, schlang sie die Arme um sich selbst und drehte sich um, wohin, wusste sie nicht, hoffentlich war es Richtung Wand.

  ?Hab ich was Falsches gemacht??, fragte Gilwa mit zitternder Stimme.

  Kurze Stille, das leichte Streichen von Stoff auf Haut. Elyons Herz raste, als ihr bewusst wurde, dass, selbst wenn sie sich umdrehen sollte, sie nicht erkennen würde, was gerade vor ihr geschah.

  Elyon schloss die Augen und drückte ihre Hand gegen die schmerzenden Lider. Die Haut fühlte sich dort seltsam rau an. Narben.

  ?Alina, kannst du mit Gilwa kurz rausgehen, ich komme gleich nach.?

  Wenig sp?ter klangen leise Schritte, gefolgt von dem Quietschen der Tür, die hoffentlich geschlossen wurde. War sie alleine, oder war noch jemand da? Elyon traute sich nicht, die Hand von den Augen zu nehmen. Brauchte sie nicht. Der Boden knarrte leicht, als jemand sein Gewicht verlagerte, vermutlich. Sie konnte es nicht genau sagen. Oder ging die Person einen Schritt auf sie zu?

  Das Pochen in ihrem Kopf wurde st?rker, w?hrend tausende Gedanken, Fragen, Befürchtungen durch ihren Kopf rasten. Sie hatte keine rechte Hand mehr. Wie würde sie ein Schwert in die Hand nehmen? Mit Pfeil und Bogen schie?en? Konnte sie überhaupt noch k?mpfen? Ohne scharf sehen zu k?nnen?

  ?Elyon, bist du ganz sicher, dass du alleine sein willst??, fragte Lenius leise. ?Wird dir das helfen? Oder soll ich da bleiben, bis du dich beruhigt hast, dann k?nnen wir in Ruhe reden??

  Elyon schüttelte den Kopf. Der Druck in ihren Augen war unertr?glich, genau so wie ihre enge Kehle. Sie wusste nicht, wie lange sie die Tr?nen, die Schreie zurückhalten konnte. Und sie hasste es, vor anderen zu weinen.

  ?Alleine lassen?, kr?chzte sie Stimme.

  ?In Ordnung. Aber ich komme bald wieder, um nach dir zu sehen und dir was zu Essen zu bringen. Neben deinem Bett steht ein Nachttisch mit einem Krug Wasser und ein Becher, falls du Durst bekommst.?

  Elyon konnte nicht mehr Antworten. Ihre Kehle würde bald zerbersten, wenn er das Zimmer nicht verlie?. Statt sich auf ihren gepeinigten K?rper zu konzentrieren, achtete sie auf die Ger?usche, die von Lenius kamen, um nicht v?llig auseinanderzufallen.

  Sie h?rte nur seinen leisen Atem. Dann, endlich, scharrten seine Stiefel über dem Boden und er bewegte sich Richtung Tür. Mit angehaltener Luft wartete Elyon darauf, dass die Tür endlich zufiel, dann brachen die Tr?nen aus ihr heraus. Lautes Wimmern platzte aus ihrer Kehle heraus, w?hrend ihre Brust vor Schmerzen in Flammen aufging.

  Immer wieder ?ffnete Elyon die Augen, in der Hoffnung, dass sich ihre Sicht vielleicht sch?rfen würde, nur um entt?uscht zu werden und sie gleich wieder zu schlie?en. Ihre Hand konnte sie nicht mehr von dem Stumpf l?sen, der von ihrem Arm übrig geblieben war. Die Schmerzen zogen sich so weit aus dem Oberarm heraus, als würde ihr Unterarm und ihre Hand noch dranh?ngen. Doch sie waren nicht mehr da. Würden nicht zurückkehren.

  Elyon lehnte sich nach vorne, schlug dabei mit der Stirn gegen die kalte Wand, was nur noch mehr Tr?nen aus ihren Augen heraustrieb. Sie schluchzte und wimmerte so laut, genau wie damals, als sie als Kind in einen K?fig gesteckt worden war. Als ihr Vater jeden Tag mit seiner Peitsche gekommen war und sie diese hatte spüren lassen.

  Sie wusste nicht, welcher Augenblick schlimmer war. Dieser, oder der andere. Elyon wusste nur, dass sie verzweifelt die Zeit zurückdrehen wollte. Sie wollte ihre Sicht, ihren Arm wieder haben. Sie wollte nicht entstellt und behindert durch diese gef?hrliche Welt gehen. Doch es war unm?glich.

  Mit bebenden Schultern und qualvollen Schmerzen im ganzen K?rper konnte Elyon nichts anderes tun, als ihren Tr?nen freien lauf zu lassen, sich von Pein durchdringen zu lassen, w?hrend sie ihre Stirn an gegen die raue Steinwand drückte.

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