Tags darauf verkündeten sie den anderen, dass sie nun offiziell ein Paar waren. Die meisten von ihnen hatten dies ohnehin schon stark vermutet. Nichtsdestotrotz überbrachten alle ihnen freudig ihre Glückwünsche. Alle, au?er Petra, wobei August auch etwas brauchte, bis er zumindest der H?flichkeit halber in den Chor an Gratulationen miteinstimmte. Niemandem blieb diese Tatsache verborgen. Diese Ankündigung der beiden war von überaus gro?er Bedeutung, denn in der traditionsverbundenen Gesellschaft Ordaniens bedeutete sie, dass sie die Absicht hatten, in absehbarer Zeit zu heiraten. Sowieso würde so ein Schritt jetzt noch etwas warten müssen, doch war der indirekte Druck auf die zwei natürlich allgegenw?rtig. Dennoch, der aktuelle Hof war aus einem Haufen zusammengewürfelter Menschen, die aus allen Schichten stammten und die durch die Revolution zusammengeschwei?t worden waren, entstanden. Mit Etikette und Normen war es da noch nicht so extrem, bisher wenigstens.
Brahm sah in Anbetracht der guten Nachrichten gleich wieder einen Grund zu feiern, was für ihn natürlich bedeutete, dass er wieder mit ihnen einen trinken konnte. Die anderen stimmten ihm diesmal zu. Somit trafen sich alle gegen Abend in einem der gr??eren S?le, wobei natürlich der ganze Hof eingeladen war, und feierten gemeinsam. Auch Irnfrid, Petra und August waren eingeladen, doch diese wollten oder konnten nicht kommen. Bei Irnfrid war der Grund dafür ihr Kleiner, um den sie sich kümmern musste. Sie hatten keine Musik bestellt, doch Ferenc brachte ohnehin seine Laute mit und begann ein paar T?ne anzuschlagen. Er war nun wirklich kein begnadeter Lautenspieler, doch seine Musik war passabel. Der Kaschare beherrschte nur eine Hand voll Lieder und wiederholte deshalb immer wieder dieselben. Ein paar von ihnen begannen auch dazu zu tanzen und zu singen, besonders als der Abend l?nger wurde. Weder Wenzel noch Amalie waren aber am Tanzen interessiert und beide blieben lieber sitzen und unterhielten sich mit ihren Freunden oder den G?sten.
Der leicht betrunkene Brahm begann dann schon wieder seine üblichen Witze auszupacken. ?Oh, Gott! Nicht schon wieder!“, dachte sich Wenzel da nur, obwohl es ihn trotzdem amüsierte. Theodor schien auch halbwegs guter Stimmung zu sein. Oder zumindest glaubten sie das. Man konnte es, um ehrlich zu sein, nicht genau sagen, da der Armeechef wie immer mit einer Miene dasa?, die keinen Schluss über seine Gedanken zulie?. Irgendwann wurde es Ferenc zu anstrengend und er h?rte auf Musik zu spielen. Manche der G?ste gingen schon früher, aber viele blieben auch noch recht lange. So oder so war es ein unterhaltsamer Abend für alle Beteiligten. Wie so oft in letzter Zeit versuchte Wenzel seinen Freund, Theodor, aufzuheitern, indem er auf ihn ansto?en lie?. Auch seine brünette Freundin hatte einen sch?nen Abend und redete einiges mit Brahm, aber auch mit den Damen, die anwesend waren. Diese gaben ihre Kleidungstipps und anderes, also schlugen Themen an, mit denen Wenzel für gew?hnlich nichts anfangen konnte. Als der Abend dann zu Ende ging, waren alle zufrieden. Sie schienen einer strahlenden Zukunft entgegenzublicken.
Diese Nacht hatte der Kaiser wieder eine Vision. Es war keine, die er bereits gesehen hatte. Er sa? in seinem Arbeitszimmer. überall um ihn herum waren eine riesige Menge an Mappen, Ordnern, Büchern, Pergamentrollen und ?hnliches Material zu sehen. Soeben hatte er ein Dokument unterzeichnet und legte es auf einen eigenen Stapel. Dann stand er auf und ging hinüber zu einem kleineren Tisch, der im Zimmer stand. Auf diesem befand sich ein Teller mit Brot und einer ger?ucherten Wurst. Er nahm jeweils einen Bissen von beidem und trank dann einen Schluck Wasser aus dem Glas, das sich daneben befand. Danach ging er hinüber zu Fenster und blickte hinaus. Von hier aus hatte er einen guten Blick über eine der Hauptstra?en der Stadt. Somit beobachtete er nun den darüber rollenden Verkehr an verschiedensten Pferdegespannen und wild querenden Fu?g?ngern. Was war diese Vision denn, bitte? Es schien wieder Frühling drau?en zu sein, denn man konnte unz?hliges Vogelgezwitscher vernehmen. Pl?tzlich aber begann es. Er bekam einen überraschenden Anfall an übelkeit und Schwindel! Zuerst hielt er sich am Fensterbrett fest, versuchte sich dann aber zu seinem Schreibtisch hinüberzuhangeln. Das gelang ihm, auch wenn er dabei den hohen Papierstapel, der darauf war, auf den Boden schmiss.
Nun begann er schwer zu atmen und ein stechender Schmerz durchfuhr ihn aus seiner K?rpermitte heraus. ?Was zum?“ Sein Atem wurde immer schwerer. Wenzels künftiges Selbst sprach nun, ohne, dass er darüber Kontrolle hatte. ?Dieser gottverdammte….! Hey!“, rief er nun laut. Eine Wache kam sogleich herein und wollte ihm aufhelfen. Der Kaiser begann heftige Schwei?ausbrüche zu bekommen. ?Ich bin vergiftet worden! Findet August! Ich wei?, dass er es war!“ Er stie? den Gardisten beiseite. Auf dem Boden kniend, schnitt er sich nun selbst in die Hand und begann einen magischen Zirkel mit seinem eigenen Blut auf den Boden zu zeichnen. Das Aussehen dessen brannte sich nun Wenzel, der diese Vision beobachtete und gleichzeitig gewisserma?en Teil dieser war, in die Gedanken ein. ?Jini Kosmema“, ?u?erte er und der Zirkel begann zu leuchten. Infolge formten sich, von seinen H?nden und Fü?en beginnend, türkise Kristalle um ihn. Diese wanderten seine Arme und Beine hinauf und schlossen ihn ein. Es war dasselbe, was Kaiserin Elisabeth einst getan hatte. Der Kristall erreichte sein Gesicht, dann wurde alles dunkel. Die Vision endete.
Love what you're reading? Discover and support the author on the platform they originally published on.
In Panik fuhr Wenzel aus dem Schlaf auf. Ach, du Lieber! Das Soeben-Gesehene konnte er nicht einfach ignorieren. Er hatte schon lange kein Vertrauen mehr in August, doch hatte der Bursche dies bisher beiseitegeschoben, da der Mann ein intelligenter und f?higer Organisator war. Diese Prophezeiung würde nun aber alles ?ndern. August würde ihn eines Tages ermorden oder zumindest versuchen ihn zu ermorden! Er wusste nur nicht, wann genau dies eintreten würde. Also was sollte er jetzt machen? Mit ihm pers?nlich darüber reden? Nein, er würde es dann einfach leugnen und ihn für verrückt halten. Der junge Mann überlegte, w?hrend sein Herz rasend in seiner Brust pochte. Er konnte keinen Augenblick mit dieser Angelegenheit warten. Die Prophezeiung k?nnte in einigen Jahren oder Jahrzehnten oder bereits morgen eintreffen. Er wusste es nicht! Am Bettrand sitzend gingen ihm nun allerhand Dinge durch den Kopf. Er brauchte den Rat anderer.
Somit stand Wenzel auf und ging mitten in der Nacht hinüber zu Amalies Zimmer. In seinem aktuellen Zustand kam ihm nicht einmal in den Sinn, was andere hier vielleicht von ihm denken k?nnten. Er klopfte an der Tür und wenig sp?ter ?ffnete ihm ein offensichtlich verschlafenes M?dchen die Türe. ?Wir müssen reden! Es ist sehr wichtig und kann nicht warten!“ Dann lie? er sich selbst bei ihrer Tür hinein, was ?u?erst unh?flich und v?llig uncharakteristisch für den Magier war. ?Was machst du?“, fragte ihn Amalie sogleich im Flüsterton. ?Ich hatte eine Zukunftsvision, über die ich mit dir reden muss.“ – ?Was? Genau jetzt?“ – ?Ja, tut mir leid.“ Dann kam er dem nach und erz?hlte seiner Freundin, was er gesehen hatte. Er erkl?rte ihr auch, dass er ?fters Prophezeiungen bekam, welche einmal mysteri?s verzerrt, einmal eins zu eins das zeigten, was passieren würde. Bisher waren alle Visionen aber früher oder sp?ter eingetroffen. Wenn auch schl?frig, h?rte sie ihm dabei genau zu.
Als er seine Schilderungen beendet hatte, war auch Amalie schockiert und besorgt. Sie meinte: ?Ich halte es für unwahrscheinlich, dass es in n?chster Zeit passieren wird, aber trotzdem ist diese Sache sehr, sehr bedenklich. Wenzel, der immer noch in seiner eigenen Aufgewühltheit gefangen war, fuhr dann fort: ?Es ist nicht so, dass die blo?e Beherrschung von Magie einen unantastbar oder überm?chtig machen würde. Sicher, diese Gabe vermag Unglaubliches zu schaffen und die Realit?t zu überbrücken, doch sie ist in keiner Weise unbesiegbar. Die Melgarionen und ihre letzte Kaiserin, Elisabeth, mussten diese Wahrheit auf grausame Weise erfahren. Im Endeffekt war der Erkorene auch nur ein Mensch. Ein ganz besonderer Mensch, ja natürlich, aber dennoch nur ein fehlbarer Mensch, der genauso sterben kann und wird wie alle anderen auch. Ebenso sind die Zukunftsvisionen nur sehr bedingt hilfreich. Sie k?nnen manchmal helfen und manchmal komplett nutzlos sein, da sie oft so kryptisch oder unspezifisch sind. Auch sie sind kein Schutz vor Unterwanderung. Ein gerissener, heimtückischer Akteur ist dazu in der Lage selbst einen Zauberer auszuspielen oder zu beseitigen. Und eine solche Beschreibung trifft mal ganz sicher auf August zu. “
Amalie unterbrach nun seine panische Schwafelei. ?Beruhig dich erst mal, Wenzel! Ich verstehe, dich schon. Setzt dich hin und atme tief durch.“ Dies tat er dann auch. Danach strengte auch sie ihre grauen Zellen an. Sie verstand, dass Wenzel sich schwach und machtlos fühlte. Auch war er nie einer der gro?en Macher oder Entscheidungstr?ger in den M?rtyrerbrigaden gewesen, vor allem, weil er noch zu jung war und keine Ahnung hatte. Auf einer Vision, die niemand anderer gesehen hatte und die man sich ebenso gut auch einfach ausgedacht haben k?nnte, würde einem niemand glauben. August war auch jetzt schon offensichtlich kein Freund Wenzels. Und er Oberste Marschall würde von sich aus nichts gegen August unternehmen. ?Ich glaube, dass wir beide übereinstimmen, dass August irgendwie von hier weg muss. Ich will auch, dass dein Leben sicher ist, und ich glaube dir deine Geschichte auf jeden Fall.“ Ihr Freund war sehr dankbar dafür, auch wenn er es momentan nicht zeigte. Dann fokussierte sie nochmal ganz scharf ihre Gedanken. Schlie?lich sagte seine Freundin: ?Mir ist da eine Idee gekommen. H?r mir also gut zu.“ Der junge Mann tat dies auch und als er ihr zuh?rte, wanderte ein seltsamer, schwer zu interpretierender Blick über sein Gesicht und seine Augen wurden gro?.