Alina brach am Morgengrauen ersch?pft zusammen. Ihre Beine zitterten und pochten. Der Wald war so dicht, dass sie nicht mehr wusste, woher sie gekommen oder wohin sie gerade gelaufen war. Und jetzt war Alina so müde, dass es ihr egal war. Sie schloss die Augen und lie? ihren K?rper auf dem Waldboden sinken. Ihre Ohren zuckten hin und her. Sie h?rte die Eichh?rnchen durch die B?ume springen, ein Chor von Vogelrufen, das Rascheln der Nagetiere im Unterholz, das Rauschen ihres Blutes. Alles auf einmal. So klar und so deutlich, dass es sie wahnsinnig machte. Alina legte ihre Ohren an. So schirmte sie wenigstens ein paar der Ger?usche ab.
Trotzdem kam keine Ruhe auf. Ihr K?rper brannte. Ihre Zunge war schwer und trocken. Und es wurde mit jedem Augenblick schlimmer. Wasser. Sie brauchte dringend Wasser. Also zwang Alina sich wieder aufzustehen und horchte. Inmitten all des L?rms im Wald, h?rte sie Pl?tschern. Sie folgte dem Ger?usch und entdeckte bald einen Bach. Alina schlürfte gierig das Wasser in ihren trockenen Mund hinein. Das kühle Nass schaffte es kaum schnell genug zu flie?en, so musste Alina den Bach hinauf waten, um mehr zu bekommen.
Je mehr sie trank, desto leichter wurde ihr K?rper. Als ihr Durst gestillt war, floss ein warmes Gefühl ihren Bauch entlang. Nachdenklich betrachtete sie ihren langen K?rper. In der Ausbildung hatte sie gelernt, dass Drachen mit Hilfe ihres Bauchs flogen, der sich aufbl?hte und vom dem auch das markante Rauschen der Drachen entstand. Man hatte ihr nur nicht erkl?rt wie es funktionierte. Ob es einfach nur Luft war oder etwas anderes, das sie fliegen lie?.
Sie bl?hte ihren Bauch auf, bis es schmerzte. Doch nichts geschah. Sie lie? es sein und huschte weiter durch den Wald, der kein Ende nahm. Die B?ume türmte sich über ihr auf, viel h?her als sie es aus H?hental kannte. Nach einer Weile verlor sie den Fokus auf ihrer Umgebung und die Bilder der letzten Stunden schwirrten ihr durch den Kopf.
Der Drache. Der Biss und der Fall. Tessa. Die Meister. Sie war allein. Getrennt von ihrem Bruder. Ihre Beine gaben unter Alina nach. Sie war hier allein, ohne Aiven. Ihr Atem stockte und ein Stich fuhr durch ihre Brust. Ihre Augen brannten wie Feuer, wegen dem Drang zu weinen. Doch es kamen keine Tr?nen heraus, nur ein leises Winseln.
Warum hatte sie den Drachen allein gejagt? Warum war sie nicht vorsichtiger gewesen? Dann w?re sie vielleicht nicht gebissen worden. Oder sie w?ren jetzt zusammen hier. Tessa und Aiven wüssten, was jetzt zu tun w?re. Doch wie sollte sie allein überleben? Alina legte sich hin und steckte ihren Kopf unter dem warmen, rauschenden Bauch. Trotz der W?rme zitterte sie am ganzen Leib. Sie blieb liegen, bis die D?mmerung einbrach.
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Am n?chsten Morgen, trieb ihre schmerzende Kehle Alina wieder auf die Beine. All ihre Sorgen und all ihr Kummer wichen vor dem schrecklichen Durst zurück. Sie schleppte sich durch die lichteren Stellen des Waldes und fand bald einen kleinen See. Erleichtert tauchte sie ihren Kopf in das klare Wasser. W?hrend sie noch trank, h?rte sie Menschenstimmen. Sie hielt inne. Traute sich nicht auch nur einen Muskel zu bewegen. Die Stimmen kamen nicht n?her. Sie h?rte auch keine Schritte im Unterholz. Alina folgte dem Klang der Stimmen durch das Dickicht. Durch das Wasser, fühlte sich ihr K?rper viel leichter an, sodass ihre Schritte fast lautlos waren.
Es dauerte, bis sie endlich die M?nnergruppe gefunden hatte. Fünf J?ger sa?en auf gef?llten Baumst?mmen, redeten miteinander und a?en Brot und ?pfel. Nicht weit von ihnen hingen Fasane und Hasen zum Ausbluten an den ?sten von einer Eiche. Speichel tropfte aus ihrem Maulwinkel heraus. Wann hatte sie das letzte Mal gegessen?
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Alina legte sich hin und beobachtete die M?nner. Wartete, bis sie endlich ihre Waffen und ihr Jagdgut zusammenpackten. Einige der ?pfel lie?en sie liegen, auch etwas Brot hatten sie vergessen mitzunehmen. Sie r?umten das Lager und verschwanden hinter den Baumst?mmen. Als sie nur noch ihre Schritte in der Ferne h?rte, schlich Alina sich an die Essensreste heran. Brot und ?pfel verschwanden mit einem Schluck. Es war zu wenig. Viel zu wenig. Sie sah sich nach mehr Essen um. Erst jetzt entdeckte sie den Bogen, der gegen einen Baumstamm gelehnt war. Alina wollte sich gerade zurückziehen, da h?rte sie auch schon ein Knacken im Unterholz.
?Was zum ...?, einer der J?ger war zurückgekehrt. Beide starrten sich bewegungslos an. Als die überraschung von dem Gesicht des J?gers verflog, zog er einen Dolch heraus und lief auf sie zu.
?Verfluchtes Biest!?
Alina machte einen Satz über ihn hinweg und krachte gegen einen Baumstamm. Sie ?ffnete ihr Maul. Wollte ihm sagen, dass sie kein Biest war. Doch es war unm?glich. Es kam nur ein kl?gliches Japsen aus ihr heraus. Der J?ger hatte sie fast eingeholt. Alina sprang auf ihre Fü?e und raste davon. Sie kam kaum voran. Zu viele B?ume standen ihr im Weg. Von hinten kamen laute, wütende Rufe. Die anderen M?nnern hatten sich der Jagd angeschlossen.
Endlich lichteten sich die B?ume. Ihre Beine streckten sich und Alina galoppierte aus dem Wald heraus, auf eine Wiese zu. Sie sprang aufs offene Gras und kam schlitternd zum Stehen, als sie den breiten Weg am Rand der Wiese bemerkte. Nach links führte er durch die Tore einer Stadt, aus der gerade eine Gruppe von Soldaten heraus geritten kam. Obwohl sie noch weit entfernt war, bemerkten die Pferde Alina und wieherten panisch. Die Blicke der fünf Soldaten landeten auf ihr und hinter sich h?rte sie die schnellen Schritte der M?nner, die sie gerade einholten.
Ihr K?rper erstarrte vor Panik. Die Soldaten gaben den Pferden die Sporen. Alina kam wieder zu sich und lief quer durch die Stra?e auf ein gro?es Weizenfeld zu.
Ein Schmerz stach durch ihr linkes Hinterbein. Alina stolperte und fiel auf die Schnauze. Fünf Pfeile steckten in ihrem Schenkel fest. Um sie herum breitete sich ein dunkelroter Hof aus.
?T?tet das Biest! Schnell!?, rief ein Soldat.
Alina zog sich gerade an den Vorderbeinen hoch, da schoss ein zweiter Schmerz durch ihren K?rper. Ein lautes Japsen kam aus ihrer Kehle. Ein wei?es Schwert steckte in ihrem Schwanz. Sie wandte sich, doch jede Bewegung sendete unz?hlige Schmerzen durch ihren K?rper. Ein Seil zog sich um ihre rechte Vorderpfote. Die Soldaten und Pferde sammelten sich um sie und die M?nner brüllten einander Befehle zu.
V?llig überw?ltigt blieb Alina liegen, w?hrend die M?nner immer n?her kamen. Als das Seil gegen ihre Bissverletzung drückte, brauste ein glei?ender Hitzestrom durch ihren K?rper. Aus ihrer Kehle kam ein Brüllen, das all ihre Glieder zum Beben brachte. Ihre Gedanken verschwanden, w?hrend die wilde Hitze sich weiter in Alina ausbreitete, sie wie eine fremde Hand packte und ihren K?rper steuerte.
Alinas Maul schnappte sich das Seil und zog den Soldaten, der es hielt vom Pferd. Mit einem heftigen Schwanzhieb warf sie drei andere um. Die Pferde gerieten in Panik und galoppierten davon. Alina sprang mit ge?ffneten Maul auf den gefallenen Soldaten, der immer noch das Seil hielt. Ihre Z?hne schnappten zu. Etwas Warmes floss über ihre Zunge. Es krachte laut. Mit einem heftigen Ruck riss sie dem Soldaten den Kopf ab.
Blankes Entsetzten flammte in einer Ecke ihres Kopfes auf. Doch sofort überschlug sich die Hitze in Alina und die Wut übernahm wieder die Gewalt. Knurrend schlug sie mit ihrem Schwanz um sich, um die restlichen Soldaten loszuwerden. Aus der Stadt kamen weitere Soldaten angeritten, mit gespannten B?gen. Unz?hlige Pfeile schossen auf sie zu. Ein weiteres Schwert bohrte sich in ihre Schulter. Alina brüllte, w?hrenddessen nahm die Hitze in ihrem K?rper zu und floss entlang ihrer ganzen Unterseite. Sie bückte sich. Spannte ihre Beinmuskeln an. Dann sprang Alina hoch und flog mit schl?ngelnden Bewegungen davon.