Elyon erreichte das Festland, als die Sonne gerade den gr??ten Hafen im Süden von Rovisland zu erkennen gab. Die Küste war bereits vollgelaufen mit Schiffen, viele aus dem südlichen Kontinent und es kamen immer mehr dazu. Der Hafen erstreckte sich so weit, dass Elyon mit blo?em Auge sein Ende nicht finden konnte. Hunderte von Menschen wuselten auf den Stra?en und Gassen auf den Hafen zu und feilschten um die Stoffe, Lebensmittel, Holz und andere Güter, die von den Schiffen in riesigen Kisten und F?ssern von den breitgebauten Seem?nnern ans Land getragen wurden.

  Das Festland. Sie hatte endlich das Festland erreicht. Als Elyon auf die knarzende Zugangsbrücke trat, wurde sie wirsch von einem Soldaten an der Schulter gepackt.

  ?Deine Papiere?, bellte er. Sie zeigte ihm ein Stück Pergament, das sie bereits auf dem Schiff hervorgeholt hatte. Es hatte ihrer Mutter geh?rt. Es erw?hnte nichts über ihre adelige Herkunft. Nur, dass sie aus dem Festland kam und somit all ihre Nachkommen das Recht hatten, das Kaiserreich zu betreten.

  Der Soldat winkte sie durch und sie verlie? hastig die knarrende Brücke. Niemand hielt Elyon mehr auf oder fragte sie, was sie vorhatte. Alle Blicke übergingen sie, w?hrend sie gesch?ftig ihrer Arbeit an den Fischerbooten, den Verkaufsst?nden und den Lieferungen für ihre L?den nachgingen. Die Kopfsteine leicht von dem goldenen Sand bedeckt, für das das Reich Kronhafen bekannt war, zwischendurch lag auch platt getretenes Gemüse und sogar kleine Fische auf der Stra?e, die von den vollgeladenen Kisten und K?rben der H?ndler gefallen waren.

  Elyon beobachtete ein paar Kinder, die fünf M?nnern beim Sortieren der Fische halfen. Ihre Haare waren zu einem niedrigen Zopf gebunden. Schnell band sie sich die Haare in der gleichen Art zusammen und war erleichtert zu sehen, dass neben den dunkelh?utigen und hellbraunen Menschen, die sich am Hafenrand tummelten, es auch noch genug andere gab, die Elyons etwas blassere Haut teilten. So fiel sie nicht ganz so auf.

  Nun steuerte sie zielsicher auf die breite Stra?e in der Mitte des Hafens zu, die zu den M?rkten der Stadt hinführte. Doch sicher waren nur ihre Schritte. W?hrend sie weg vom Hafen und durch die dunklen Stra?en ging, verknoteten sich ihre Stimmb?nder und ihre H?nde wurden kalt und nass. Schnell wischte sie sich den Schwei? an ihrer Hose ab. Ohne die Umgebung aus den Augen zu lassen, bemühte Elyon sich darum, ruhig ein und auszuatmen.

  ?Ey! Sch?ner Pelzmantel! Interesse zu verkaufen??, rief ein Mann mit einem buschigen Bart, der einen Berg Felle auf seiner Schulter trug.

  Elyon schüttelte den Kopf und eilte weiter. Sie zog das graue Fell ihres Gro?vaters enger um ihre Schultern. Stellte sich vor, dass der gro?e Wolf neben ihr ging. Die Vorstellung half ihr. Sie konnte etwas aufatmen, w?hrend sie sich durch die hastenden Menschen hindurch schl?ngelte.

  Der Geruch von Schwei? und Fischen hing in der Luft. Kleidung und Ellbogen streiften ihre Arme. Frauen gackerten laut und die M?nner grunzten über die Gesch?fte. Ihre Augen zuckten schnell über die Schilder der L?den, w?hrend ihr Hals immer trockener wurde. Sie musste nur Waffen und ein Reittier kaufen, dann konnte sie raus aus der Stadt. Raus aus diesem Getümmel und L?rm, weg von Menschen.

  Endlich entdeckte sie einen Waffenschmied. Sie hechtete an ein paar ?lteren M?gde vorbei in den Laden.

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  ?Raus, du Bengel. Ich verkaufe nicht an kleine Kinder. Schick deinen Vater her?, kl?ffte ein Mann, kaum dass Elyon die Tür hinter sich zu gezogen hatte. Mit seinem dicken Arm h?ngte er ein gro?es Schwert an die Wand.

  Hastig kramte sie in ihrem Beutel, der um ihren Hals unter dem Pelz verborgen hing. Elyon zeigte ihm ein Goldkorn.

  ?Es ist mir egal, wie viel Geld du mir gibst, die kleinen Bengel in der Stadt haben genug Unsinn mit den Waffen angerichtet. Jetzt wurde mir verboten an euch Rotznasen zu verkaufen. Wenn du Waffen brauchst, schick deine Eltern her.? Der Mann stampfte auf sie zu und wollte Elyon am Kragen packen, doch sie duckte sich rechtzeitig und sprang aus dem Laden. Der Schmied knallte die Tür zu, w?hrend Elyon den eilenden Fu?g?ngern auswich.

  Sie hatte nichts dabei au?er ein paar Messer und Demians Kurzschwert. Bei weitem nicht genug. Sie brauchte dringend Pfeil und Bogen. Einen Dolch. Und zur Sicherheit, ein paar weitere, kleine Wurfmesser, die sie einfach zwischen die Lederb?ndern, die sie um ihre Arme trug, stecken konnte.

  Elyon flüchtete in eine leere Seitenstra?e um zu überlegen. Vielleicht erstmal in den Wald flüchten, dort ein Reittier z?hmen. Dank ihrer Giftkenntnisse konnte sie sich vorteilhaft verteidigen. Sie schloss die Augen und holte sich gedanklich die Karte der Stadt hervor, die sie sich in der Bibliothek ihres Vaters angesehen und gemerkt hatte. Vor ihrem inneren Auge ging sie die Hafenstadt durch und stellte sich vor, wo die Stadttore lagen. Als sie aufsah, merkte sie, wie jemand auf der anderen Stra?enseite gerade den Kopf wegdrehte und schnell weiter ging. Sie erhaschte gerade noch einen Blick auf seine strubbeligen Haare. Ihr Herz klopfte schneller. Einer von Demians M?nnern.

  Schnell tauchte sie zurück in die Menschenmenge der Hauptstra?e ein, die zu ihrem Vorteil zugenommen hatte. Sie war viel kleiner und konnte sich gut zwischen ihnen verstecken. W?hrenddessen suchte sie unabl?ssig die Menge nach dem jungen Mann ab. Sie musste so schnell wie m?glich raus aus der Stadt. Sie arbeitete sich zum Stadtrand hin, ohne ihre Umgebung aus den Augen zu lassen. Bald hatte sie die Stadtmauern im Blick. Sie verschlossen Elyons Blick auf die naheliegende Umgebung, doch sie wusste, wo die Erntefelder lagen und bewegte sich in diese Richtung, in der Hoffnung, dass die Felder ihr weiterhin Sichtschutz bieten konnten.

  Noch zwanzig Schritte und sie würde das Stadttor erreichen. Hier war voller als die Nebenstra?en, haupts?chlich wegen den Kutschen, die mit Lebensmitteln, Heu, Stroh, Kleidung und sogar M?bel vollbepackt waren. Ganz links von ihr, nahe an einer Hauswand, stand ein ?lterer Mann. Neben ihm eine genauso alte Stute. Sie trug keinen Sattel, nur ein Halfter an dem der alte Mann das Pferd hielt.

  Elyon atmete tief ein. Hoffentlich, würde sie nicht sprechen müssen. Sie hasste es zu sprechen. In ihrer Kindheit und in der Wildnis, hatte sie schweigen müssen, um zu überleben. Mit dem Goldkorn in ihrer rechten Faust, ging sie auf die beiden zu und tippte den alten Mann an, dessen Blick in die Leere starrte. Ein altes Pferd war immer noch schneller als ihre zwei Beine.

  ?Hm? Was kann ich für dich tun, Kleiner??

  Elyon zeigte auf das Pferd, dann zeigte sie aus sicherer Entfernung das Goldkorn.

  ?Du willst das Pferd haben? Diese alte M?hre??

  Sie nickte energisch den Kopf und warf gleichzeitig einen Blick über ihre Schulter, bevor sie sich wieder der Stute widmete.

  ?Junge, ich kann keinem Kind ein Pferd für so viel Geld verkaufen. Ich hatte nur gehofft sie für ein paar Münzen an den Metzger loszuwerden.?

  ?Bitte?, flüsterte sie leise.

  Der Mann starrte auf das Goldkorn. ?Das w?re eine sch?ne Summe.? Er starrte auf das Pferd und nickte dann. ?Gut, du kannst sie haben.? Elyon drückte dem Mann das Korn in die Hand, schnappte sich das Seil und hievte sich auf den Rücken der grauen Stute.

  ?Danke für das Gesch?ft!?, rief der Alte ihr hinterher, als die alte Stute schon fast das Tor erreicht hatte. Sechs Wachen standen dort, um nach Papieren zu verlangen. Elyon holte wieder das Pergament hervor. Ohne auch nur einen Blick darauf zu werfen, winkte die Wache sie vorbei und Elyon preschte mit der Stute davon.