Am Abend war Nevin zurück in der Singbucht. Er hatte kaum Zeit, ein paar Drachen auf die entflohene Prinzessin anzusetzen, als Jaro ihn bereits ins Besprechungszimmer holen lie?, wo Odilia, die zu den Anführern der Singbucht geh?rte, und Isko bereits um den gro?en Tisch in der Mitte sa?en. Die Schriften und Bücher aus H?hental waren immer noch auf der Tischplatte ausgebreitet. Jaro lie? noch ein paar weitere Bewohner holen, vor allem diejenigen, die ehemals einen hohen Rang in H?hental hatten, sowie Aiven und Tessa. Und irgendwie schaffte es auch Juna, sich in die Versammlung einzuschleichen und sich neben ihm zu setzen. Obwohl ihr Bruder, der ein Drache war, weder aus H?hental, noch in der Versammlung war.
Wieder wanderten seine Finger zu dem Verlobungsring, um auff?llig mit ihm zu spielen. Wann würde sie ihn endlich in Ruhe lassen? Er spürte den gro?en Drang, sofort aufzustehen und selbst nach seiner entflohenen Verlobten zu suchen.
?Danke, dass ihr alle hier seid?, begann Jaro und setzte sich an den vollen Tisch. ?Wir haben wichtige Befunde, die wir euch weitergeben m?chten.? Jaro l?chelte traurig. ?Es ist best?tigt. Der Fluch stammt aus H?hental.?
Ein Raunen echote im Raum. Die H?hentaler tauschten besorgte Blicke aus. Und Junas Aufmerksamkeit war endlich von etwas anderem abgelenkt.
?Diese Dokumente stammen aus H?hental, die Nevin pers?nlich beschaffen.? Jaro zeigte auf den Tisch. ?Ihr k?nnt sie jederzeit unter Iskos Aufsicht lesen. Wie wir bereits früher erw?hnt haben, best?tigen diese Schriften, dass H?hental in alten Zeiten ein K?nigreich war. Und die wichtigste Verbindung zu den L?ndern im verbotenen Osten.? Wieder erklang ein überraschtes Raunen. Selbst Nevin sah vom Tisch auf. Davon hatte er noch nie geh?rt. Hatte sein Onkel es schon vorher gewusst?
?Die Verbindung war so stark, dass K?nig Elyon der Erste eine Prinzessin aus einem dieser L?nder heiratete. Was im Kaiserreich nicht für Begeisterung sorgte. Die L?nder hinter den Graubergen sind m?chtig. Ausgestattet mit übermenschlichen F?higkeiten von denen wir nur noch sehr wenig wissen.?
?Moment, nicht so schnell?, bat Aiven und rieb sich die Stirn. Auch andere blickten verwirrt in die Runde. Nevin schluckte. Er hatte nicht gedacht, dass die nun unbekannten L?nder im Osten auch mit im Spiel waren. Der Weg um den Fluch aufzul?sen, schien nur noch schwieriger geworden sein.
?Verzeihung. Ich wei?, es viel auf einmal. Ihr k?nnt in den n?chsten Wochen gerne jederzeit mich oder Isko aufsuchen, um Fragen zu stellen.? Jaro machte eine kurze Pause und heftete seinen Blick auf Nevin, wie um Halt an seinem Stiefneffen zu finden. ?Ich erz?hle weiter. Der K?nig aus H?hental heiratete eine fremdl?ndische Prinzessin und der Kaiser des Rovislandes fürchtete sich vor ihr. H?hental und das Reich haben schon seit Urzeiten eine angespannte Beziehung, da H?hental sich schon immer geweigert hat, Teil des Kaiserreichs zu werden. Die Adelsfamilien aus beiden Reichen haben jedoch einen gemeinsamen Stammbaum, weswegen der Kaiser bis heute der Meinung ist, dass H?hental rechtm??ig ihm geh?rt.?
Den gemeinsamen Stammbaum und die Streitereien um die Hochebene, hatte Nevin in seinem Geschichtsunterricht gelernt. Damals, als er noch als Prinz in der Hauptstadt lebte. Jaro hatte es ihm selbst als sein pers?nlicher Lehrer beigebracht.
?Jedenfalls?, fuhr Jaro fort, ?fürchtete der damalige Kaiser diese fremde Prinzessin, da sie Br?uche und Kr?fte nach H?hental brachte, die er nicht kannte und H?hental mehr Macht verschafften. Rovis der Siebte, sorgte sich um seinen Kaisertitel und glaubte, dass K?nig Elyon bald versuchen würde, ihm sein Reich mit Hilfe seiner Gemahlin zu entrei?en.? Er machte eine kurze Pause und sah in die Gesichter seiner Zuh?rer. Einige starrten fassungslos auf die alten Dokumente. Andere folgten immer noch gebannt seinen Lippen. Wieder andere schüttelten nur den Kopf und seufzten. Aiven hatte die Ellbogen auf dem Tisch und grub die H?nde in seine hellbraunen Locken. Tessa hatte die Arme verschr?nkt und starrte mit einem sehr ernsten Blick auf den Tisch.
?Das N?chste, was wir über den Konflikt in den Berichten erfahren, ist ein Attentat. Der Kaiser machte sich damals nach H?hental auf, für ein politisches Treffen zwischen dem Kaiserreich, H?hental und einige der ?stlichen L?nder. W?hrend sie sich gemeinsam zu einer freizeitlichen Jagd aufmachten, wurde die K?nigin von H?hental und zwei ihrer vier Kinder get?tet. Dahinter steckten kaiserliche Handlanger.?
Keiner am Tisch regte sich. Nevin selbst, trafen die neuen Erkenntnisse wie ein Schlag. Den anderen ging es nicht besser, was er durch das düstere Schweigen und die herunterh?ngenden K?pfe bemerkte. Sie taten ihm leid. Die H?hentaler hatten nicht eine solch gro?e T?uschung seitens der W?chter erwartet.
?Der jüngste Sohn und seine Zwillingsschwester wurden damals nicht gefunden und überlebten den Attentat?, erz?hlte Jaro weiter. ?K?nig Elyon fand erst über den Mord heraus, als der Kaiser sich gerade auf dem Weg zurück in sein Reich machte. Seine Gefühle übermannten ihn und es hei?t in diesen Berichten, dass er durch die übermenschlichen Kr?fte, die er durch seine Frau bekommen hatte, seine Trauer und seinen Zorn dazu nutzte, um ihn in ein Ungeheuer zu verwandeln. Der erste Drache. Der Urdrache. Er jagte in seiner neuen Form den Kaiser und sein Gefolge und t?tete alle. Krieg brach zwischen Rovisland und H?hental aus und K?nig Elyon von H?hental war dank seiner Kr?fte unbesiegbar. Das Kaiserreich erlebte eine vernichtende Niederlage. Doch K?nig Elyon weigerte sich noch immer, H?hental dem Kaiserreich anzugliedern. Er setzte einen seiner eigenen M?nner als neuen Kaiser ein. Doch das war nicht das Ende seiner Leiden. Die Bewohner von H?hental waren entsetzt von dem neuen Zustand ihres K?nigs. Sie weigerten sich, ihn weiter als ihren K?nig anzuerkennen und verbannten ihn und den Rest seiner Familie aus dem Land. Er floh nach Süden, zusammen mit seinen Kindern und lie? sich sp?ter auf den Sturminseln nieder. Daraufhin brach H?hental den Kontakt zu den ?stlichen L?ndern ab und isoliert sich bis heute von ihnen und dem Kaiserreich. Jeder Fremde der es wagt, einen Fu? in H?hental zu setzen, wird auf Befehl der Gro?w?chter get?tet.?
You might be reading a stolen copy. Visit Royal Road for the authentic version.
?Was? Aber es ist verboten Menschen zu t?ten! Das steht in unseren Gesetzen!?, rief ein ?lterer Mann aus. ?Egal ob Fremder oder nicht. Jedes Leben ist unantastbar!?
?Dieses Recht gilt nur für die Menschen aus H?hental. Zumindest für diejenigen, die nicht in Drachen verwandelt worden sind?, erkl?rte Nevin ernst.
?Und, wie sind es mehr Drachen geworden? Ich verstehe das nicht?, fragte eine Frau.
?Bevor K?nig Elyon aus H?hental verbannt wurde, hei?t es, dass er regelm??ig die Gewalt über sich selbst verlor und andere biss. Dadurch sind die andere Drachen entstanden. Am Anfang haben die H?hentaler noch versucht mit ihnen zusammenzuleben. Doch der sogenannte Fluch verwandelt sie irgendwann in echte Drachen. Aufgrund dessen, konnte K?nig Elyon nicht weiter in H?hental oder im Kaiserreich bleiben. Die Sturminseln waren der geeignete Zufluchtsort für ihn. Nur hat niemand damit gerechnet, dass jeder Biss eines Drachens den Fluch weiter verbreitet.?
?Und wie kommt es, dass so viele von den Drachen H?hental angreifen? Ist es Rache? Oder wird das Kaiserreich auch st?ndig von ihnen belagert??, fragte Aiven.
?Natürlich erlebt das Kaiserreich auch viele Angriffe. Doch unser Land ist gr??er und daher scheinen die Zahlen nicht so hoch zu sein, wie für H?hental?, erkl?rte Jaro. ?Den genauen Grund kennt keiner. Ich wei? nur, dass die meisten Angriffe früher von echten Drachen kamen, also diejenigen, die ganz vom Fluch übernommen wurden und dunkles Fell haben. Wahrscheinlich kamen sie ursprünglich aus H?hental und wollten in ihre Heimat zurückkehren. Und obwohl auch hier die Drachen eine Gefahr für Menschen sind, gibt es doch weniger gezielte Angriffe als in H?hental. Vielleicht werden die Drachen einfach instinktiv von H?hental angezogen, weil der Fluch dort seinen Ursprung hat. Wir wissen es leider selbst nicht so genau.?
?Steht in den Schriften auch irgendetwas darüber, wie man den Fluch wieder loswird??, fragte Dilek.
?Leider nicht?, sagte Jaro und seufzte schwer.
?Deswegen brauchen wir Prinzessin Elyon?, warf Nevin in die Runde. ?Ich hab einen Hinweis bekommen, wo sie sich momentan aufh?lt und habe bereits Drachen auf sie angesetzt. Vielleicht wei? sie mehr über diesen Fluch. Jetzt wo sie endlich nicht mehr unter der Beobachtung ihres Vaters und dem Kaiser steht, k?nnen wir sie gefahrlos befragen, sollten wir sie finden.?
?Wie soll ein so junges M?dchen uns helfen k?nnen??, fragte Odilia, die ?lteste im Führungsrat. Sie war noch nie überzeugt von der Idee gewesen, die Prinzessin um Hilfe zu bitten. ?Wir dürfen nicht vergessen, was für seltsame Dinge man über sie h?rt. Dass sie sich wie eine wilde Bestie verh?lt, von W?lfen gro?gezogen wurde und so ungebildet, dass sie nicht mal sprechen oder lesen und schreiben kann.?
?Elyon ist intelligenter als wir alle zusammengenommen. Ich hatte mal die Ehre, sie pers?nlich kennenzulernen?, erkl?rte Nevin mit eindringlicher Stimme. ?Sie kann vielleicht nicht gut sprechen, doch sie wird in wissenschaftlichen Kreisen sehr für ihre Naturstudien gesch?tzt. Vergesst nicht, wer in den letzten Jahren fünf Heilmittel gegen vorher unheilbaren Krankheiten entwickelt hat. So belesen wie sie ist, wei? die Prinzessin wahrscheinlich mehr über die Geschichte ihrer Vorfahren als wir?, erkl?rte Nevin. Zum hundertsten Mal.
?Selbst wenn die Prinzessin nichts über ihre Vorfahren wei?, muss es einen Grund geben, warum der Kaiser sie unbedingt für sein Reich haben m?chte?, überlegte Jaro. ?Und nicht nur er. Auch K?nig Demian, der, wie viele von uns geh?rt haben, Drachen besitzt, wollte sie unbedingt für sein Reich haben.? Also wusste er von dem neuen K?nig. Nevin musste ihn dringend deswegen befragen. Es würde eine lange Nacht werden.
?Es ist besser, wenn sie nicht in die falschen H?nde ger?t. Sie k?nnte uns allein dadurch nutzen, dass sie die dunklen Drachen z?hmt und sie so dadurch schützen kann. Denn über ihre F?higkeiten mit Tieren, ist ja genug bekannt. Gibt es noch irgendwelche Fragen?? Jaro sah in die Runde.
Nevin klinkte sich gedanklich aus der Unterhaltung aus. Er würde sp?ter selbst die Schriften in Ruhe durchlesen, wenn er nicht mehr so ersch?pft war. Seufzend, rieb er sich die schweren Lider. Nun musste er noch warten, bis die anderen gegangen waren. Dann konnte er mit Jaro in Ruhe reden. Und hoffentlich noch wenigstens ein bisschen Schlaf abbekommen.
Da legte sich eine Hand auf seinen Rücken. Nevin fürchtete schon, dass es Juna war und wollte ihre Hand wegschieben, doch Juna h?rte den anderen zu und als er sich umdrehte, sah er in Dileks besorgtes Gesicht.
?Lass uns verschwinden. Sonst schl?fst du noch auf dem Tisch ein.?
?Ich kann nicht. Ich muss noch mit Jaro reden.?
?Was auch immer ihr zu besprechen habt, muss bis Morgen warten. Komm.? Dilek wartete auf keine Widerrede, sondern zerrte Nevin vom Stuhl. Die anderen waren zu vertieft in der allgemeinen Unterhaltung um zu bemerken, dass die beiden aus dem Raum gingen.
?Hol ein paar Decken. Wir fliegen zum Strand?, sagte Dilek und ging in Richtung der gro?en H?hle auf der anderen Seite der Bucht, um sich zu verwandeln.
?Ich sollte hier bleiben. Es gibt viel zu tun?, rief Nevin ihm hinterher. Selbst er merkte, wie schwach sein Widerstand war.
?Du musst dich ausruhen. Und das klappt besser, wenn du nicht hier bist.? Dilek stand nun zu weit weg, als dass er Nevin h?ren konnte. Also ging er zu den Vorratskammern, um die Decken zu holen. Der Gedanke daran, einmal nicht in einem Raum voller Menschen schlafen zu müssen, klang fast zu sch?n um wahr zu sein.
Doch Dilek kannte ihn gut. Er wusste, dass Nevin am besten unter freiem Himmel schlief. Und mit Meeresrauschen in seinen Ohren.
Nachdem Nevin au?er den Decken, einen Wasserschlauch und etwas Proviant geholt hatte, kehrte er zurück zum Strand. Dilek stand bereits in seiner muskul?sen Drachengestalt da und starrte nachdenklich das Wasser an. Seine Beine waren fast doppelt so dick wie Nevins. Einmal hatte Dilek einen halben See leergetrunken, nachdem er zum ersten Mal all seine Wasservorr?te in seinem K?rper verbraucht hatte.
?Ich hoffe, du formulierst gerade in deinen Gedanken eine Entschuldigung für Jaro. Er wird nicht begeistert sein, wenn ich au?erhalb des Schutzes der Bucht übernachte.?
?überlass es mir. Sollte er dich Morgen anfahren, dampfe ich ihm geh?rig ein. Und jetzt los. Bevor die anderen kommen. Ich glaube, ich habe gerade Juna am Eingang des Besprechungsraums gesehen.? Dilek grinste schelmisch und Nevin kletterte so schnell es ging auf seinem Nacken.