Drei Menschen betraten die Mitte und bauten sich direkt vor ihrem Podium auf, der gro?en Ansammlung zugewandt. Einer von ihnen war Kael, in der Mitte. Links von ihm stand ein Gro?w?chter, in seiner langen rostbraunen Robe, den Alina noch nie gesehen hatte. Seine hellbraunen Haare zeigten nur ein paar einzelne graue Haare. Seit wann gab es so junge Gro?w?chter?
Auf der anderen Seite stand eine Frau mit grauen Haaren, die ein samtenes, blaues Kleid trug, mit goldenen Verzierungen an den S?umen und einem einfachen, hochgesteckten Zopf. Eine Vertreterin der Einwohner.
?Prinzessin Elyon von den Sturminseln ist anwesend. Somit k?nnen die Verhandlungen um die Besitzrechte unseres Landes beginnen?, verkündete Kael. Er hielt eine alte Schriftrolle mit seiner linken Hand, die der Gro?w?chter ihm abnahm. Danach hob Karl ein Blatt hoch, das ein riesiges Siegel trug. Alina konnte nur den Schatten durch das Papier durchscheinen sehen.
?Dieses Dokument best?tigt Prinzessin Elyons als Eigentümerin von H?hental, wie ihr an dem offiziellen Siegel der obersten Gelehrten sehen k?nnt. Somit kann keiner ihrem Besitzanspruch widersprechen.?
Leises Tuscheln in den Reihen. Die Gesichter der Gro?w?chter und Gelehrten trugen eine Mischung aus Emp?rung und Neugierde. Die Einwohner verschr?nkten die Augenbrauen und wirkten dadurch verwirrt und nachdenklich.
Kael drehte sich um und nickte Alina zu. Daraufhin zog Alina kurz an Elyons linken Hemds?rmel, woraufhin sie zu sprechen begann.
?Mein Versprechen war es, mein Besitztum abzugeben, unter der Bedingung, lebenslanges freies Eintrittsrecht in H?hental für mich und meine Begleiter zu bekommen, sowie die Grenze zum Verbotenen Osten passieren zu dürfen.?
Ein Aufruhr ging durch den Raum. Mehrere Gelehrte sprangen von ihren Sitzen und riefen Elyon wütende Worte entgegen, andere flüsterten entsetzt mit ihren Nachbarn.
Alina schluckte. Kein sehr guter Anfang.
Elyon knurrte, doch so leise, dass nur Alina es h?ren konnte. Und Finan, der Elyon mit gehobenen Brauen ansah, dann sofort wieder seine Augen auf das Publikum richtete.
?Ruhe!?, rief der Gro?w?chter, der vor ihnen stand. Stille breitete sich langsam im Saal aus. Als keiner mehr Sprach und man nur noch das hin und her rücken von K?rpern auf h?lzernen Sitzen und das Scharren von Fü?en auf dem Boden h?ren konnte, sprach der Gelehrte mit einer tiefen Stimme, die wie Donner durch Alinas K?rper rollte.
?Die Prinzessin hat einen triftigen Grund, um in den Verbotenen Osten zu reisen. Es geht einzig und allein darum, dem Drachenproblem ein Ende zu setzen. Wie es die meisten bereits geh?rt haben, handelt es sich um einen Fluch, durch den Menschen infolge eines Drachenbissens verwandelt werden. Leider haben einige der Gro?w?chter und Gelehrten vor vielen Jahren den Beschluss gefasst, dass dies unter strenger Verschwiegenheit gehalten werden soll. Diese ist nun gebrochen. Und der Ursprung des Fluchs liegt hier, in H?hental, wie mehrere offizielle Berichte in unserer Bibliothek best?tigt haben. So ist es eigentlich unserer Verantwortung, den Fluch zu l?sen. Stattdessen will Prinzessin Elyon, die Nachkommin unseres K?nigs diese Bürde übernehmen und muss dafür in den Osten reisen.?
Wieder erhoben sich Stimmen und schimpften durcheinander. Hochrote K?pfe brannten sich als Fokus in Alinas' Augen fest. Der Klo? in ihrem Hals wurde dicker.
?Mach das du zurück in dein verdammte K?nigreich zurückkehrst!?
?Eine Schande für H?hental!?
?Widerliche Machenschaften!?
Dies und noch viele andere harsche Worte drangen zu ihnen vor. Elyon ?chzte und schüttelte den Kopf.
?Hier geht es ja unzivilisierter zu als in Vaters Hof?, brummte Finan missmutig.
Nun hob die Frau ihre H?nde und die oberen R?nge schwiegen, w?hrend sich die Gelehrten weiter aufregten.
?Ruhe!?, rief die Frau mit einer Stimme, die wie eine Glocke durch den Raum schnitt. ?Wir werden wie es üblich ist, eine Abstimmung führen. Die Ausnahme ist, dass dieses Mal nicht allein die Gelehrten und Gro?w?chter als Vertreter ihre Stimmen abgeben werden, sondern auch W?chter und Vertreter der Bürger aus ganz H?hental, die heute aus allen Gemeinden zu uns gereist sind.?
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Wieder erhoben sich Stimmen von den unteren R?ngen. Einige der Bürger von der Galerie hingen sich halb über die Brüstung und konterten mit wütenden Rufen.
Elyon rieb sich die Schl?fe. Ihre Augen wirkten trüb, und ihre Gesichtszüge schlaff. Erst gestern hatte sie ein kurzer Gang in den Garten v?llig ausgelaugt. Lange würde Elyon nicht mehr durchhalten. Alina schluckte schwer und suchte Kaels Blick, in der Hoffnung ihn so dazu bringen zu k?nnen, diese Versammlung zu beschleunigen.
Da h?rte sie Elyons Knurren, das einige Blicke auf die kleine Gestalt zog, doch es war nicht laut genug, um alle zum Schweigen zu bringen.
Elyons Gesicht spannte sich an, ihre Nasenflügel bebten, dann riss sie ihren Mund auf. ?Ruhe!?, brüllte sie, so verzerrt, als w?re sie ein wildes Tier, das Sprechen konnte. Ihr Gebrüll hallte durch den Saal und alle hielten inne.
?H?hental soll bekannt für Weisheit und Sittlichkeit sein?, begann sie laut und langsam. Wann immer sie ernsthaft sprach, schwang etwas in ihrer Stimme bei, das Alina einen kalten Schauer über den Rücken jagte. ?Doch ich h?re hier nichts als ein Schauspiel von Dummdreistigkeit, Kurzsichtigkeit und Einf?ltigkeit. Da ihr euch alle wie Kinder benehmt, muss ich euch wohl wie welche behandeln. Ich gebe euch noch eine Chance euch zu sammeln und gesittet die Abstimmung durchzuführen. Sollte dies nicht geschehen, werde ich die Verhandlungen abbrechen, alle meine Drachen sammeln, H?hental einnehmen und die Führung des Landes übernehmen, da ihr es anscheinend nicht hinkriegt, euch zusammenzurei?en und vorauszusehen, was für Katastrophen uns entgegenstehen, sollte dieser Fluch nicht beseitigt werden! Ich gehe vor die Tür und gebe euch Zeit, euch gut zu überlegen, wie ihr euch weiter verhalten wollt. Wenn ich zurückkehre, werdet ihr abstimmen.?
Kurze Stille, überraschte Gesichter gafften Elyon an, die mit ausgestreckter Brust dastand und die Leere anstierte. Sie drehte sich zur Seite, doch Finan hielt sie an der Schulter fest.
?Bevor ihr euch schon wieder aufregt,?, begann der Prinz nun, ?will ich etwas aus der Seite des Kaiserreiches berichten. Einige von euch Wissen bereits, dass Prinz Ilias, der Thronfolger unseres Landes vom Kaiser gefangen genommen wurde. Sollte Prinzessin Elyon dem Fluch kein Ende setzen k?nnen, werden wir unseren Thronfolger verlieren und ein anderer wird seinen Platz einnehmen. Und das wird auch Auswirkungen auf die Zukunft von H?hental haben. Prinz Ilias ist ein Mann der nach Frieden und Wohlbefinden für alle strebt, egal ob es sich um seine Untertanen aus dem Kaiserreich handelt, oder nicht. Anders als der Kaiser und meine Brüder trachtet er nicht nach Herrschaft über andere und würde H?hental niemals feindlich gesinnt sein. Sollte er sein Thronrecht verlieren, werden meine Brüder nicht z?gern, ihr Herrschaftsgebiet bis nach H?hental und darüber hinaus zu erweitern.?
Finan nickte Kael zu, der ihn die ganze Zeit beobachtet hatte. Er sprach weiter.
?Es gibt noch eine weitere Bedrohung für H?hental. Ein ehemaliger W?chter hat ein K?nigreich im Kaiserreich an sich gerissen und ein riesiges Drachenheer um sich gesammelt. Sein Rachedurst ist gro?, vor allem gegenüber H?hental. Den W?chtern wird bewusst, sein, dass unsere Verteidigungskr?fte nicht zahlreich genug sind, um so viele Feinde davon abzuhalten, H?hental einzunehmen. Nehmt diese Gelegenheit wahr, um eure Wahl zu überdenken. Dies w?re vorerst alles.?
?Das ist absoluter Wahnsinn! Warum sollten wir irgendetwas von Fremden aus dem abtrünnigen Kaiserreich glauben und einem Verr?ter, der sich an die Seite von Ungeheuern gestellt hat!?, brüllte ein Gelehrte, der nicht viel ?lter war als Alina selbst.
Auf seine Emp?rung meldeten sich andere. Alinas Brust zog sich zusammen, w?hrend ihre Kehle zu brennen anfing. Was war falsch mit diesen Leuten? Seit über einer Woche, wussten alle über die letzten Geschehnisse Bescheid, über die Wahrheit der Drachen. Konnten sie nicht sehen, dass die Lage ernst war? Das Elyon ihre Rettung sein konnte? Einige von den Gelehrten standen auf und gingen auf den Ausgang zu, der direkt gegenüber von Alina zwischen den Sitzreihen lag. Sollten sie den Saal verlassen, würden sie nicht abstimmen k?nnen. Sollten sie nicht abstimmen k?nnen, würde sich alles verz?gern und Elyon würde ihre Drohung wahrmachen. K?mpfe und weitere Streitereien würden ausbrechen. Alina ballte so fest die F?uste zusammen, bis ihre Fingern?gel sich in die Handfl?chen hineinbohrten.
?Abartig?, murrte Finan.
Ein Druck baute sich in Alina auf, der ihr das Gefühl gab, jeden Augenblick zu zerbersten. Hitze wallte von ihrer Bisswunde durch ihren K?rper und sie schaffte es gerade noch so, sich nicht zu verwandeln. Ihre N?gel bilden sich zu Krallen, ihre Fangz?hne stachen in ihre Lippen hinein.
?Wie k?nnt ihr es wagen, so wenig Respekt zu zeigen?!?, schoss es aus Alina heraus. Ihre Stimme bebte durch den Raum, als würde sie in ihrer Drachengestalt sprechen.
Einige Schreie ert?nten durch den Saal. Die Gelehrten und Gro?w?chter, die sich auf den Ausgang zubewegten, hielten inne.
Hitze wütete in ihrem K?rper. Da griffen kalte Finger nach ihrem Handgelenk.
?Alina, beruhige dich?, wisperte Elyon und ihre raue Stimme klang so sanft, dass es sie aus ihrer Wut herauszog.
Blut schoss ihr in den Kopf. Es war Wut, aber auch Scham. Sie konnte Elyon nicht helfen. Wie auch? Sie hatte keine Worte, keine Taten, welche die Situation umschwenken würden. W?re Aiven hier gewesen, oder Tessa, sie h?tten sicher mit der Menge reden k?nnen.
Mehrere Gelehrten verlie?en den Saal. Alina biss sich auf die Lippen.
?Keine Sorge?, murrte Finan. ?Sie kommen nicht weit.? Er zwinkerte Alina zu und l?chelte h?misch.