Bald schon befanden sie sich auf der Strecke südwestlich von Morlingen und Kosen war nicht mehr weit. Mit der Absicht sich zu sputen, dr?ngten die Fünf voran, doch waren sie in den letzten drei Tagen erheblich langsamer geworden. M?gen ihre Pferde zwar Nutztiere gewesen sein, doch konnten sie allzu übertriebener Hetze auch nicht dauerhaft standhalten. Die Gef?hrten bü?ten folglich etwas an Tempo ein. Die Sonne strahlte weiterhin herab, wobei sich ihre anf?nglich behagliche W?rme im Laufe des Tages schon zu einem schwei?treibendem Faktor steigerte. Zum Glück erreichten die M?nner da alsbald schon den ersten Wald. Auf die riesigen, alten Buchen, die ihre Augen schon von der Ferne ersp?ht hatten, hatten sie sich bereits gefreut. Da wurde es in deren Schatten gleich kühler. Unbewusst wurde die Reisegemeinschaft da gleich noch ein Stück langsamer. Die Bl?tter raschelten im Wind und irgendwo aus dem Dickicht waren die Laute eines Kauzes zu vernehmen.
?Ich kenne diesen Weg noch. Früher bin ich diesen schon einmal entlanggezogen“, vermerkte Ludo da. ?Obwohl Vieles hier jetzt ganz anders aussieht. Forste sind ja in stetem Wandel: Hie und da wird mal wieder was geschlagen, w?hrend woanders mancher Baum einfach umf?llt und andere gr??er wachsen, wodurch man sie Jahre sp?ter nicht mehr wiedererkennt. Diese Route erkenne ich nur an den Biegungen der Stra?e wieder, alles andere ist mir schon wieder g?nzlich fremd geworden.“ - ?Das ist der stete Wandel der Welt, mein Herr“, gab ihm einer seiner Begleiter, Richard, da zur Antwort. ?Nichts bleibt je gleich, auch wir selbst nicht.“ Welch wahre Worte er da sprach. Nun realisierte einer von ihnen erst, wie inakzeptabel gering ihre Geschwindigkeit mittlerweile geworden war. ?He, Leute, ich glaube wir sollten............
Wie aus dem Nichts standen pl?tzlich drei in braunem Leder gekleidete M?nner mit grünen Kappen vor ihnen. ?Gria?-eich, de Hean! I wiad song, das es eichre Hosnseck fia uns auslaats, oda wia miassn a bissi eidringlicha wern!“ Die fünf Gef?hrten schauten den Mann, der sie soeben angesprochen hatte, zuerst nur mit blanken Blicken an. Keiner von ihnen war sich ganz sicher, was man ihnen soeben gesagt hatte. Doch war das auch nicht notwendig. Die K?rpersprache, welche die Bande, die sich ihnen hier in den Weg stellte, aussandte, war unverkennbar feindselig. Alle zogen sie sogleich ihre Schwerter, eine Reaktion, die für die erfahrenen K?mpfer vollkommen natürlich und ohne jegliche überlegung kam. Erst danach registrierten sie, dass ihr Zugang der korrekte war, denn nun erschienen hinter ihnen auch eine weitere Anzahl an Haderlumpen. Diese hatten sich offenbar hier im Gebüsch versteckt, um Durchreisenden aufzulauern. Offensichtlich Wegelagerer.
Sogleich stellten sich die Leibw?chter um seine Hoheit herum auf, um diesen zu beschützen. Er trug zwar ?u?erlich kein Abzeichen, das ihn als die wichtige Person, die er war, kennzeichnete, doch würde er seine Identit?t nun als Drohung gegen dieses Pack nutzen. Eigentlich hatten sie vorgehabt inkognito zu bleiben, um Problemen m?glichst aus dem Weg zu gehen – deshalb auch die winzige Anzahl an Leibw?chtern, welche unauff?lliger war – aber anscheinend lie? sich ?rger wohl nicht ganz vermeiden. Somit streifte Ludo den dünnen Mantel, den er trug, ab, wodurch seine edle Uniform mit dem Kaiserwappen darauf zum Vorschein kam. ?Ihr habt euch die Falschen zum überfallen ausgesucht. Verschwindet oder ihr werdet es bitterb?se bereuen, Gesindel!“
Anfangs erschrocken, fand der R?delsführer der Gesetzlosen jedoch sogleich seine Fassung wieder. Dann entgegnete er: ?Des is nu fü bessa ois I mas docht hob! A hochs Viech und nur fia Leit mit eam. Do kemma uns a gro?es L?seg?d eawoatn, waun ma den dawischen, Mauna!“ Er machte nicht den Eindruck, eingeschüchtert zu sein. Wie bedauerlich das war, hatten sie doch Konfrontationen meiden wollen. Die Reichsgardisten wappneten sich infolge für einen Angriff der Verbrecherbande.
Und dieser folgte auf dem Fu?! Mit einem Mal lie?en die Rohlinge lautes Gegr?le von sich und fielen über die Gef?hrten her. Richard, Harald, Siegfried und Rüdiger stellten sich diesen energisch entgegen, trotz ihrer zahlm??igen Unterlegenheit. Jedoch lehnte sich Ludo w?hrenddessen keineswegs einfach tatenlos zurück. Nein, aus seinen Augen sprang einem der Funke der Entschlossenheit entgegen. Auch er würde mitk?mpfen! Und so begann es.
Siegfried hielt gerade zwei Angreifer gleichzeitig in Schach, ihre Schwünge und St??e gekonnt parierend. Da schoss pl?tzlich, gleich einem Blitzschlag, Ludos Klinge ganz knapp links an ihm vorbei und erwischte einen ihrer Widersacher! ?Mein Herr, ihr solltet nicht…..“, setze derjenige, dem er hier zu Hilfe gekommen war, zu sprechen an, wurde aber von der n?chsten Attacke der Gesetzlosen sogleich wieder abgelenkt und zum Schweigen gebracht. Sowieso h?tte der Thronfolger nicht auf ihn geh?rt. Ludovic war, ebenso wie sie, ein Mann der Tat! Ohne zu z?gern, sprang er ein und übernahm den anderen der beiden Kontrahenten. Dieser brüllte inbrünstig und schlug wieder und wieder auf den Adeligen ein, fand sich aber in der unerwarteten Situation, dass dieser sehr wohl im Umgang mit dem Schwert gut bewandert war.
Unz?hlige Male konterte Ludo ihn, nicht selten einen blutroten Treffer landend. Er war nicht einfach ein Kind gewesen, das man in einem sicheren Umfeld, abgeschirmt von den Gefahren der Welt, gro?gezogen hatte. Das wohl sicher nicht! Er kannte die H?rte der Welt und auch kannte er den Kampf. Links ein Schwerthieb, rechts ein Schwerthieb. Wie ein Wirbelwind führte der Kronprinz seinen S?bel und überw?ltigte geschwind damit sein Gegenüber. Klingen klirrten, Fü?e trampelten, M?nner schrien. Die Situation eskalierte zu einem Kampf ums überleben! Dessen wurde sich Ludovic erst zur G?nze bewusst, als Rüdiger, nach langem Kampf mit ganzen drei Herausforderern, hinter ihm erschlagen wurde und st?hnend zu Boden sank! Sogleich sprang Harald in die Lücke, die dadurch entstanden war, um seiner Hoheit den Rücken freizuhalten. Er hielt sich weiterhin gut. Eine beschauliche Anzahl an Feinden hatten sie bereits beseitigt, doch waren sie leider stark in der Unterzahl. Mehr und mehr M?nner fielen.
Schlie?lich hatte auch Siegfried sein Limit erreicht und er wurde unverhofft im Bauchbereich verwundet. Es war eine Wunde, die schnell, stark anfing zu bluten! Kurz darauf fiel auch er gegen die Wegelagerer, jedoch nicht bevor er noch einen weiteren von ihnen eliminiert hatte! Die R?nge der Kriminellen lichteten sich, was sich schlie?lich auch deren Anführer eingestehen musste. Letztlich war er gezwungen die letzten Paar zum Rückzug aufzurufen. Der Schurke, der soeben noch mit Harald gerungen hatte, machte nun kehrt, wodurch er von dem Gardisten aber noch einen m?chtigen Schwerthieb in den Rücken bekam, was dann letztlich sein Untergang war! Die restlichen zogen den Schwanz ein und scherten sich davon. Ludo und sein Kumpane Harald schauten ihnen erleichtert nach, als sie stolpernd und ?chzend durch den Wald davonflohen.
?Gott sei Dank!“, ?u?erte daraufhin der Kronprinz. Erst jetzt bemerkten sie, dass auch Richard niedergestreckt worden war. Noch ein Verlust. Und das war noch nicht alles. Nachdem die Verbrecherbande konklusiv abgezogen war, kollabierte auf einmal auch Harald. Sofort eilte Ludovic zu diesem herbei, um sich um ihn zu kümmern. Doch als er die unermesslich vielen Hieb- und Stichwunden an dessen Oberk?rper sah, wusste er augenblicklich, dass er nicht so schnell oder einfach dieses Problems Herr werden würde. Er legte ihn auf den kühlen Waldboden und begann die Wunden zu verbinden. Doch, genauso wie er es erahnt hatte, waren diese zu zahlreich. ?Komm schon, du schaffst das, Kamerad!“, redete er auf ihn ein. Aber es half wenig. Das Bewusstsein des Leibw?chters begann mehr und mehr zu schwinden. W?hrend ihm Ludo versuchte auf jede Weise, die er konnte, zu helfen, entschwand ihm Harald und kehrte nie mehr zurück.
Seine H?nde waren voll Blut. Umringt von einer stattlichen Anzahl and Feinden und Freunden, war der Sohn des Kaisers nun ganz alleine zurückgeblieben! Als er sich dessen, einsam im Schmutz sitzend, bewusst wurde, sprach er seinen ehrenvoll gefallenen Waffenbrüdern noch einmal ein letztes Gebet. Danach machte er sich auf und davon. Er musste weiter. Vor allem aber musste er weg von hier. Ehe die R?uberbande von zuvor ihre Wunden geleckt hatte und wieder zurückkehrte, musste er verschwunden sein, selbst wenn dies bedeutete, dass er seine Kameraden nicht begraben konnte. Es war eine Schande, aber er hatte keine andere Wahl.
Er war mit nicht mehr als ein paar kleinen Kratzern davongekommen. Im Grunde ungeschoren. Die Bohnenstange schrieb dies sowohl seinem Talent mit dem Schwert als auch dem Glück, das er zu haben schien, zu. Im Dunkel der Nacht stahl er sich jetzt, um nicht entdeckt zu werden, auf Abwegen durch den Wald davon. Zum Vorteil verhalf ihm hierbei auch der Nebel, der sich gerade festgesetzt hatte. Dieser ?u?erste Ausl?ufer der W?lder von Karant, in dem er sich hier befand, würde sehr bald schon wieder einer offenen Kulturlandschaft Platz machen. Dann würde es nur noch ein Katzensprung bis nach Kosen sein.
Einen Tag sp?ter kam er dann an irgendeiner Stelle, die er bisher noch nicht kannte, aus dem Forst hervor. Zu Fu? reiste er nun weiter. Er würde sich nicht von solchen Vorkommnissen beirren lassen! Vor ihm pr?sentierte sich eine Hügellandschaft, an deren H?ngen überall Weinreben gepflanzt waren. Weinberge nannte man das, wie er sich sagen hatte lassen. Diese pittoreske Landschaft, die einem das Gefühl vermittelte, bereits in Camenia zu sein, durchwanderte er nun zielstrebig. Es dauerte nicht lange, bis er wieder auf der Stra?e war. Jener würde er dann bis in die Stadt folgen. Entlang dieser Route begegneten ihm viele Menschen, vor allem Bauern, aber auch einige H?ndler. Hier würde er sicher sein, denn es war in dieser Gegend viel zu viel los, als dass man ihn bei Tageslicht einfach so überfallen konnte, ohne die Aufmerksamkeit anderer zu erregen.
Zwar langsamer, aber immerhin, ging es nun weiter. Ein lauer Wind streichelte zart die Haut des Thronerben, w?hrend die graue Schlange unter seinen Sohlen ihn über Berg und Tal hinforttrug. Auf dem Marsch zu seinem Zielort kam Ludovic einem Bauwerk über den Weg, das sein Interesse auf sich zog. Es sah aus, wie eine kleine Kapelle mit quadratischem Grundriss, die allerdings kein Eingangsportal und keine Fenster aufwies. Das Dach vermittelte eine sakrale Funktion des Geb?udes, doch die Au?enmauern waren mit seltsamen Markierungen versehen, welche er noch nie gesehen hatte, und die befremdlich wirkten. Zudem war das scheinbar brandneue Bauwerk in einer der Senken inmitten der Weinberge situiert, anstatt, wie es sonst zu erwarten war, auf einer der Kuppen. Seltsam, wirklich seltsam.
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Die Stra?e zog ihn weiter. Dann, auf dem Weg bergab in eine weitere Senke, begannen links und rechts von ihm H?user, dicht an dicht aneinandergereiht. Eine Kellergasse. W?hrend der Verkehr an ihm vorbeirollte, fand er sich zu den Zimmerm?nnern, die auf einem dieser Weinkeller das Dach renovierten, hinaufstarrend. Es waren ein paar einfache Tagel?hner, die meisten aber nicht alle von ihnen vermutlich Handwerksgesellen. ?Beppe, gib mir mal den Hammer rüber!“ – ?Geht klar!“, kam es unmittelbar zurück und einer der Arbeiter stieg da vorsichtig über die Bretter dort oben hinüber, um seinem Kollegen das Arbeitsutensil auszuh?ndigen. Nachdem er den M?nnern so kurz zugeschaut hatte, riss sich Ludo gleich wieder aus seinem Stupor und setzte seine Reise fort. Das Bild der Tagel?hner, die hier um den Lohn einer warmen Mahlzeit und eine n?chtliche Schlafgelegenheit den ganzen Tag schufteten, hatte in ihm Erinnerungen an seine eigene Vergangenheit wachgerufen:
Der junge Bursch mit braunem Haar schlenderte einen von Wildblumen ges?umten Pfad entlang. Wie immer war er auf der Suche nach Arbeit, bei der er sich verdingen konnte. So war das nun mal als Tagel?hner. Stets strich man durchs Land, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen - oder vielmehr, um überhaupt überleben zu k?nnen! Seine rechte Hand war mit dem Spiel mit Gebetsperlen besch?ftigt. Eins, zwei, drei, vier, …….endlos ging das Durchreichen der Perlen seiner Kette weiter. Es war eine Angewohnheit aus seiner Zeit mit den M?nchen, die er weiterhin pflegte, beziehungsweise sich nicht abgew?hnen konnte. Er war allein. Seitdem er das Waisenhaus verlassen hatte, war er auf sich alleine gestellt. Und dem Heer beitreten wollte er nicht, obwohl es eine gangbare Alternative gewesen w?re. Als Soldat h?tte man jemanden wie ihn, also einen totalen niemand ohne Rang und Namen, sofort in irgendeine Schlacht geschickt, wo er wahrscheinlich gestorben w?re und man ihn einfach ohne Grabstein, für immer vergessen, verscharrt h?tte.
Das wollte er nicht. Er war auf dieser Erde, um zu leben, nicht um zu sterben. Von seinem Rucksack hinten baumelte ein Bündel Krametsbeeren, ein volkstümliches Schutzmittel gegen R?uber. Die sternf?rmige Einkerbung unten an der Frucht wurde als Symbol für g?ttliche Segnung, gleich den Pupillen des Erkorenen und denen seiner Sippschaft, angesehen. Alles nur abergl?ubischer Mumpitz, wie sich herausstellen sollte, zumindest was die Beeren und deren vermeintlichen Schutzeffekt vor dem B?sen anging. Drinnen im Rucksack hatte er sein Kurzschwert verstaut, für den Fall, dass der ?Talisman“ nicht ausreichte, um Gefahren abzuhalten. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits mehrere ?Auseinandersetzungen“ mit so manch üblem Gesell, der ihm über den Weg gelaufen war, gehabt. Solche Begegnungen hatte er bisher immer für sich entscheiden k?nnen. Er war kein Dummkopf und auch war er nicht hilflos. In seiner Kindheit hatte er oft und gerne mit seinen Freunden im Waisenhaus den Schwertkampf erprobt. Irgendein einzelner Lump am Stra?enrand, der ihn überw?ltigen wollte, würde sein blaues Wunder erleben, wenn er Ludo angriff!
Solche Dinge war der junge Ludo bereits gewohnt, und er hielt auf seinen Fahrten stets Ausschau nach verd?chtigen Charakteren. Schritt für Schritt ging er unter dem sternenklaren Himmel, frei von jedwedem W?lkchen, voran. Es war geh?rig kalt an diesem Morgen. Nicht, dass das einen Unterschied für ihn gemacht h?tte. Sowieso musste er in die n?chste Siedlung weiterwandern, um dort nach Arbeit zu fragen. Er war gerade dabei sich ein besonders steiles Stück seiner einsamen Strecke hinaufzuplagen, da sah er oben am Hügelkamm eine ganze Rotte an Leuten herabkommen. ?Was machen die denn alle hier auf diesem abgelegenen Feldweg? Sind wohl auf dem Weg nach Buxtehude!“
Diesen Witz hob er sich auf, um ihn den Entgegenkommenden erz?hlen zu k?nnen. Als er ihnen dann langsam n?her kam, verging ihm aber der Drang nach Scherzereien. Die nahende Gemeinschaft hatte eine Anzahl an W?gen, mit denen sie umherfuhren. Doch handelte es sich dabei nicht um gew?hnliche Gef?hrte zum Personentransport. Diese waren gro?e, pferdegezogene Kisten mit Eisenst?ben. Hinter genannten St?ben waren Menschen zu sehen! ?Menschenh?ndler!“ In Ludos Kopf fingen die Alarmglocken zu schrillen an. Was konnte er tun? Er musste den Kontakt mit diesen dringend vermeiden. Für Leute wie ihn waren sie brandgef?hrlich, vor allem aber waren sie auch kriminell. Seit ein paar Jahren schon war der Handel mit Menschen verboten, da die Regierung die Sklaverei abgeschafft hatte. Zwar gab es immer noch einen Schwarzmarkt für Sklaven, doch dieser wurde mit gro?er H?rte vom Heiligen Reich bek?mpft.
Pl?tzlich raste ihm das Blut durch die Adern, und Ludovic überschlug sich f?rmlich, um seine Waffe aus dem Rucksack zu holen. Denn Ranzen lie? er einfach gleich am Boden liegen. Das hatte das Verhalten der Herannahenden zur Ursache. Von einem Moment auf den anderen hatten sie n?mlich auch Waffen gezogen und einige von ihnen sprinteten ihm nun entgegen! Ludo machte sich bereit. Er würde sich nicht kampflos ergeben! Der erste Kerl, der ihn erreichte, war deutlich kleiner als unser Mann, doch war er sehr beh?nde. Dessen erste Attacke parierte Ludo sogleich. Mit seiner überraschend gro?en Kraft gab er dem Angreifer einen Tritt, der ihn gleich auf den Hintern fallen lie?.
Das war aber kein Anlass zum Jubel. Mehrere Weitere preschten unmittelbar darauf heran. Und Ludo würde sich diesen auf jeden Fall entgegenstellen, auch wenn er wusste, wie schlecht seine Karten waren. Konnte er gewinnen oder wenigstens entkommen? Nein, h?chstwahrscheinlich nicht. Es waren viel zu viele! Doch aufgeben, würde er trotzdem nicht. Ludo rang weiter, selbst als sie ihn schon von allen Seiten umstellt hatten! War dies sein Ende? Er wollte sich selbst keine Antwort darauf geben. Er musste obsiegen. Wenn er sich im Geiste die Wahrheit eingestand, würde das dieser nur noch mehr Kraft geben, um feste Form anzunehmen.
Dann geschah aber etwas v?llig Ungeahntes. Die D?cher der K?figw?gen hoben sich pl?tzlich und rissen dabei die Gitterst?be aus ihren Verankerungen! Anfangs perplex, sprangen die Gefangenen aber schnell auf und machten sich aus dem Staub. Fast alle von ihnen liefen davon und suchten keine Konfrontation mit denen, die sie gehalten hatten. Wildes Chaos brach infolge in dem ganzen Konvoi aus, da die Sklavenh?ndler versuchten die Fliehenden wiedereinzufangen. Was in Gottes Namen war denn hier passiert? Des R?tsels L?sung wurde allen Anwesenden aber rasch bewusst. Wortw?rtlich spürten und h?rten sie diese. ?Kapituliert, Gesetzlose! Ich bin die Stimme in traumlosen N?chten, ich bin das Wort und die Tat! Ich bin…..“
?Melgar!“, riefen sie sogleich, als sie ihn über sich am Himmel schwebend ersp?hten. Die Verbrecher verfielen in Panik und suchten, wie von der Tarantel gestochen, das Weite. Ihre Reaktion schien dem Erkorenen unterhaltsam zu sein. ?Ihr k?nnt davonlaufen, aber ihr k?nnt euch nicht verstecken“, sagte er ihnen ruhigen Gemütes via Telepathie. Dann fiel sein Blick herab auf Ludovic, der immer noch, wie angewurzelt, dastand. Der rote Umhang seiner Heiligkeit waberte im frischen Wind, und seine rot-wei?en imperialen Gew?nder erstrahlten pr?chtig im Licht der vormitt?glichen Sonne. Als er sich langsam zu diesem herabzusenken begann, lie? sich der junge Mann als Ehrerbietung auf die Knie fallen. Die zwei Sterne stiegen vom Himmel und kamen zu ihm herab.
?Was begehrst du?“, fragte ihn Melgar da. Und der Jüngling antwortete: ?Nichts Besonderes. Leben. Ich will nur ein stinknormales Leben haben. Eines, das ich ohne Furcht vor dem, was am n?chsten Tag wieder sein k?nnte, führen kann.“ Seine Hoheit stutzte. Dann entgegnete er: ?Das ist dieselbe Antwort, die ich, als ich ein Jungspund war, auch gegeben h?tte.“ Dann machte er ihm sein Angebot: ?Komm mit mir auf meinem Pfad, den Pfad, den das Schicksal erw?hlt hat. Oder bleibe hier im Ungewissen. Die Wahl liegt bei dir. Nimmst du den Ruf des Schicksals an?“ Vom Kopf bis zu den Zehenspitzen durchfuhr Ludo nun eine Flutwelle, ein Ruck, ein gewaltiges Aufbegehren der Gefühle. Wie konnte er nein sagen? ?Ich akzeptiere!“, verlautbarte er dann feierlich. Fast schon so, als ob es ihn gar nicht berührt h?tte, gab seine Majest?t da einfach nur ein flaches, ?Hm, sehr gut“, zurück.
Dies war der Tag, an dem Ludo zu des Kaisers Sohn wurde. Ein einfaches Waisenkind, ein Niemand, der keine besonderen F?higkeiten und erst recht keine Heiligkeit hatte. So jemand war als Erbe der Hand Gottes, des Mannes, der Gebieter über einen ganzen Kontinent war, dessen riesige Heere beim Aufmarsch die Erde erbeben lie?en, dessen Wort Gesetz war, auserw?hlt worden. Warum? Warum gerade er? Diese Frage stellte Ludo sich heute noch mehr als damals. Er akzeptierte die Bestimmung, obgleich er den Grund dafür nicht verstand. Im Nachhinein hatte er erfahren, dass Melgar ihn damals in einer seiner Zukunftsvisionen gesehen hatte, weswegen er ihn aufgesucht und folglich gerettet hatte. Letztlich erkl?rte das aber immer noch nicht die Adoption.
Zurück in Gegenwart ging das erste Stück der Reise zur Neige. Erst nach Sonnenuntergang erreichte Ludovic die Stadttore Kosens. Beim Anblick des Briefes mit kaiserlichem Siegel, den er ihnen vorlegte, waren die Torw?rter erst einmal stutzig, was der Tatsache, dass er allein kam, geschuldet war. Jedoch gew?hrten sie ihm, obwohl es bereits nach Torschluss war, dann doch noch Einlass. Der Ank?mmling durchquerte danach schleunigst die Stra?en und lie? sich für diese eine Nacht gleich im n?chstbesten Fremdenzimmer, das er finden konnte, einquartieren. Es war eine recht sp?rliche Unterkunft, die er hier zwar erwischt hatte, aber das st?rte ihn wenig.
Als er dann auf diese Weise, verlassen, in seinem Raum sa?, begann ihn die gefühlte Stille zu erdrücken. Der Mann verdr?ngte bewusst die Erinnerungen an seine kürzlich gefallenen Gef?hrten, um sich hinsichtlich der Wahrheit der Schwere dieses Verlustes weiterhin anlügen zu k?nnen. ?Richard, Rüdiger, Siegried und Harald: Sie alle sind in der Erfüllung ihrer Pflicht, mich zu beschützen, gestorben. Sie haben nicht versagt“, redete er sich gut zu. In Wirklichkeit war es dennoch ein herber Verlust. Aber er würde nicht warten oder gar umkehren, um eine neue Eskorte zu arrangieren. Das würde n?mlich wertvolle Zeit kosten, die er nicht entbehren konnte. Je mehr Zeit verstrich, desto unwahrscheinlicher wurde es, dass man das Seelenamulett aufspüren zu k?nnen. Nein, er musste verbissen an der Sache dranbleiben!
über all das sinnierend, sa? Ludo auf einer Strohmatratze. Er war noch zu aufgewühlt, um einschlafen zu k?nnen. Darum spürte er jetzt auch wieder das uralte Verlangen in seiner Hand - das Ged?chtnis, das seine Muskeln noch hatten - mit etwas, wom?glich Gebetsperlen, herumzuspielen. Er unterdrückte den Trieb. Stattdessen nahm er einen grün schimmernden Stein, welchen er auf seiner Reise gefunden und mitgenommen hatte, da er ihm gefallen hatte, aus seiner Tasche heraus. Diesen legte er sich dann auf die offene Handfl?che seiner rechten Hand und konzentrierte sich darauf. Er bündelte seine gesamte Aufmerksamkeit, allen mentalen Fokus, den er aufbringen konnte, nur auf dieses eine Objekt. So, wie es ihm sein Adoptivvater einst gezeigt hatte, versuchte er sich vorzustellen, dass dieses vor ihm in die Luft abhob.
?Wenn man es nicht nur glaubt, sondern WEI?, dass die Magie von einem wirkt, dann tut sie das auch“, hatte ihm Melgar damals gesagt. Wieder und wieder schloss Ludo die Augen und stellte sich bildlich vor, wie der Stein vor ihm schwebte. Doch jedes Mal, wenn er diese wieder ?ffnete, sah er, dass dem nicht so war. ?Ich glaube immer noch nicht stark genug!“, rationalisierte der Thronfolger die Sache für sich weg. ?Wenn mein Glaube unerschütterlich geworden ist, dann wird er sich in der Realit?t manifestieren.“ Das sagte er so. Doch im tiefsten Inneren wusste er, dass er einfach kein Zauberer war. So sehr er sich auch selbst betrog und blendete, es würde nicht ?ndern, wer er war. Er war nicht erkoren. Die vielen Jahre erfolgloser Bemühungen, um ihm auch nur irgendwie die Ausübung der Magie zu erm?glichen, h?tten Anzeichen genug sein müssen. Es war zum Verzweifeln! Was nur hatte der echte Erkorene dann in ihm gesehen?