?Wei? man denn überhaupt, dass wir kommen?“, fragte da Wenzel, wenn auch ziemlich sp?t. ?Natürlich! Das Treffen war schon von l?nger her geplant und heute Morgen hat der Anführer auch noch einen Boten geschickt, um seine Exzellenz zu informieren, dass wir kommen“, antwortete August. Es ging deutlich bergauf. Die Gruppe bog rechts auf einen winzigen Pfad zwischen den H?uschen ein und schl?ngelte sich einen Trampelpfad in Serpentinen hinauf, bis sie zum Eingang eines schlichten, kleinen Heimes, das in den Felsen gehauen schien, endeten. Sie stiegen ab und klopften an. Ein Mann rief heraus und fragte nach einem Passwort. Diesmal war es ein anderes, n?mlich ?Orangenhain“. Es war richtig und die Herrschaften wurden gebeten einzutreten. Als erstes preschte sogleich Theodor vor, gefolgt von August und so weiter. Sie durchschritten einen kleinen, schmucken Innenraum, der den Eindruck einer Einsiedelei machte. Der alte Mann, der sie hereingelassen hatte, führte sie zum hinteren Teil des Raumes, wo sie ein Regal zur Seite schoben, um durch eine versteckte Türe weiterzugehen. Brahm würde drau?en bleiben und hier Wache schieben.
Die anderen folgten dem Greis. Der Pfad führte durch einen kühlen, feuchten, in den Fels gehauenen Gang. Doch bald schon ?ffnete sich die H?hle in einen gr??eren Raum. Dieser war überaus beeindruckend. Es handelte sich um einen gro?en Hohlraum im Berg, der ganz offenbar zu einer Untergrundkirche umfunktioniert worden war. An den Seiten standen Heiligenstatuen und hingen Bilder. Viele der gemalten Darstellungen bildeten Ikonen von Melgar ab, hinter dessen Kopf eine Sonne schien, die einen Heiligenschein über dessen Haupt formte. Am Gew?lbe war ein Sternenhimmel aufgemalt und es hingen Kandelaber von diesem herab. Auch waren ein paar Holzb?nke zum Fluchtpunkt des Raumes hin aufgestellt, welcher natürlich vom Altar eingenommen wurde. Dort waren wieder Engel und Heilige abgebildet und es standen auch riesige brennende Kerzen vorne. Des Weiteren konnte man auch eine wei?e Fahne mit einer roten Triquetra mit Kreis auf wei?em Grund mit den Lettern Alpha links und Omega rechts davon und einer goldenen Sonne dahinter aufgestellt sehen. Der Geruch von Weihrauch hing in der Luft.
Nachdem Wenzel einige Zeit wortlos auf die Dinge im Raum gestarrt hatte, traten aus einer kleinen Türe rechts eine Handvoll alter M?nner in Roben ein. Sie waren ganz offensichtlich Geistliche. Alle begrü?ten sich h?flich, dann setzten sich die Herren an einen vorab aufgestellten Tisch. Die ?M?rtyrer“ und Wenzel setzen sich auf die Sessel, die man ihnen gegenüber diesem aufgestellt hatte. ?Ist das der Junge?“, fragte der in der Mitte sitzende Priester geradeheraus. Alle von ihnen be?ugten den Burschen nun skeptisch von Kopf bis Fu?. Er trug im Moment eher bescheidene, praktische Kleidung, aber ebenso taten es seine Gef?hrten. ?In der Tat“, antwortete Theodor kurzerhand. Er fasste Wenzel daraufhin am Oberarm und bat ihn, sich den Geistlichen Herren vorzustellen. Der Junge stand auf und trat nach vorne. Er hielt dem Mann in der Mitte seine ausgestreckte Hand hin und stellte sich als Wenzel vor, ohne Nachnamen. Dieser schüttelte ihm die Hand und sprach: ?Die Ehre ist ganz meinerseits! Ich bin Elias II., der Patriarch der Teleiotischen Kirche des Ordanischen Patriarchats. Dies hier sind meine Erzbisch?fe, wenn auch nicht alle von ihnen.“
Wenzel verneigte sich h?flich. ?Und du behauptest also der Erkorene zu sein?“ – ?Nein, tu ich nicht!“, kam es stumpf von dem Jungen zurück. Die Geistlichen wirkten daraufhin durchaus überrascht. Hinter ihm griff sich August auf die Stirne. Theodor zeigte, wie fast immer, keine Reaktion. Die Blicke der Priester fielen auf die Revolution?re, dann aber zurück auf Wenzel. ?Wie soll man das verstehen? Weswegen bist du dann hier?“ Der Bursche antwortete: ?Weil ich magische Kr?fte habe. Das kann ich euch auch beweisen.“ Einen kurzen Moment wollte er schon mit Telekinese einen Sessel umsto?en, doch dann erinnerte er sich, was passiert war, als er zuletzt Telekinese benutz hatte. Er wusste, dass er keine Kontrolle über diese F?higkeit hatte und wollte es in diesem Augenblick lieber damit gut sein lassen. Er lie? sich selbst einfach kurz schweben, sodass er die Decke berühren konnte und lie? sich dann wieder herab auf seinen Stuhl. Bei Levitation konnte er sich sicher sein, dass er es richtig machen konnte, da er schon lange übung damit hatte.
Die Herren waren definitiv beeindruckt, selbst wenn ihre Gesichter es nur in geringem Ausma?e verrieten. Dann stellte ihm der Patriarch aber eine Frage: ?Wenn du….Ihr doch der Zauberei m?chtig seid, warum hinterfragt Ihr dann Eure Auserw?hltheit durch Gott? Wie kann man in so einem Fall denn seine Heiligkeit leugnen?“ – ?Was?“, entgegnete Wenzel irritiert. ?Wie sollte ich denn bitte heilig sein? Ich bin nur Wenzel, ein Mensch wie jeder andere!“
?Was sollte denn jemand etwas anderes als heilig sein, der Kr?fte, hat die die Realit?t selbst überwinden k?nnen? Wie sollte dieses Geschenk Gottes denn anders verstanden werden? Wer Wunder wirken kann, der ist gesegnet und nicht ?verflucht“, wie es die teuflische FALSCHE Kirche dieser alethischen Ketzer behauptet!“
Diese Perspektive der M?nner, verstand Wenzel. Doch er würde sie nicht akzeptieren. ?Nur weil ich Magie benutzen kann, hei?t das noch gar nichts. Was ist denn mit all den anderen Leuten, die zaubern k?nnen, die Inquisition zu vernichten versucht? Sind die dann nicht auch alle heilig?“
Daraufhin schauten sich die Geistlichen entgeistert gegenseitig an. Sie begannen sogar zu nuscheln. Elias II. überlegte einen Moment und erwiderte dann: ?Ich sehe, was hier vor sich geht. Du hast zu lange Zeit damit verbracht von den alethischen Ketzern indoktriniert zu werden.“ Er lehnte sich über den Tisch und bat Wenzel mit einem Handstreich n?her an sich heran. ?Versuche zu überwinden, was du bisher als wahr geglaubt hast. Die Propaganda dieses Regimes hat deinen Geist vergiftet und verdreht! Es gibt nur einen einzigen Magier, daher gibt es auch nur einen einzigen Erkorenen. Da sind keine anderen. Sieh dich doch um in der Welt! Hast du jemals einen anderen gesehen, der Wunder wirken kann? Ich jedenfalls nicht und ich bin einundsechzig! Alles, was diese Usurpatoren an Lügen spinnen, dient nur dem Zweck ihre Gegner zu zerst?ren und die Rückkehr des Erkorenen zu verhindern. Doch offensichtlich sind sie damit gescheitert!“ Der alte Mann begann zu grinsen und dann sogar etwas zu lachen. ?Die Wahrheit wird triumphieren! Und die Wahrheit ist mit Gott und dem Erkorenen! Lobet den Herrn!“
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In dem Augenblick hatte Wenzel nicht den blassesten Schimmer wie er reagieren sollte. Er war durchaus geschockt. Sein ganzes Leben hatte man ihn nur angelogen! Dann begannen aber gleich seine grauen Zellen zu arbeiten. ?Warum hat man mich dann überhaupt am Leben gelassen? Warum das Amulett? Wozu der Aufwand?“, schwirrte es ihm nun durch den Kopf. Daraufhin griff der Junge unter seine Tunika und zog das Amulett, das um seinen Hals hing, darunter hervor. Er hielt es einen Moment lang vor sich, um es zu betrachten. Ein verwunderter Erzbischof fragte daraufhin: ?Was habt ihr da?“ – ?Oh, das ist…?h…meine Seele ist in diesem Amulett. Die Sache ist kompliziert.“ Dadurch wurden natürlich alle Anwesenden, inklusive den drei Revolution?ren, interessiert.
?Dürfte ich es mir auch kurz ansehen?“, bat ihn der Patriarch. Gedankenlos nahm Wenzel es ab und überreichte es ihm. Als die Herren es genau anschauten, kam es dem Jungen erst in dem Sinn, was sie auf dem Gegenstand finden würden. ?M.R.!“ Die Geistlichen waren nun sichtlich au?er sich. ?Wo habt ihr dieses Schmuckstück her?“, fragten sie. Doch der Bursche konnte nur erwidern, dass er dies nicht genau wusste. ?Von meinen Eltern, sch?tze ich. Aber das bezweifle ich selber eigentlich recht stark.“ Infolge musste er ihnen auch erkl?ren, dass die Althuns eigentlich nicht seine echten Eltern waren und, dass er seine wahre Abstammung nicht kannte. Der Junge erbat sein Amulett zurückzubekommen und die Herren fügten sich ohne Z?gern.
Danach standen sie von ihrem Tisch auf und baten die G?ste hier zu warten. Sie h?tten etwas zu besprechen. Somit verschwand die Gruppe wieder hinter der Türe, aus der sie zuvor eingetreten waren Dahinter war ein kleiner Raum, der nirgendwo hinführte. Die M?nner und Wenzel n?herten sich folglich leise und unbemerkt der geschlossenen Holztüre an, um zu lauschen. Neugier ist der Katze Tod, doch die vier waren keine Katzen! Vom Inneren der Kammer war Folgendes zu h?ren:
?Unleugenbar…..ein Zeichen Gottes! ………..eiung erfüllt………Salbung……“
Die Besprechung dauerte nicht lange. Geschwind setzten sich die Lauscher wieder an ihre Pl?tze, kurz bevor sich die Tür wieder ?ffnete und die geistlichen Obrigkeiten heraustraten. ?Die Entscheidung der Kommune, obgleich sie ohnehin schon vorbestimmt war, ist gefallen!“, verkündete der Patriarch. ?Hiermit m?chte ich den Erkorenen darum bitten, eine besondere Messe mit uns abzuhalten und sich salben zu lassen.“ Obgleich Wenzel in dem Moment sein Missfallen nicht verbergen konnte, so willigte er ein. Die Option, dies abzulehnen, w?re sehr unklug gewesen. Zudem hatte er keine Ahnung, was eine Salbung überhaupt war. Somit wurden alle anderen Besucher, au?er Wenzel, gebeten, aus der H?hle hinauszugehen und drau?en zu warten, bis das ?Ritual“, wie Wenzel es wohl genannt h?tte, abgeschlossen war.
Man erkl?rte ihm nun den Ablauf der Salbung, w?hrend die notwendigen Dinge dafür herger?umt und vorbereitet wurden. Der Junge war nicht erfreut, als er h?rte, was man tun würde. Dann begannen sie. Die Geistlichen sangen religi?se Lieder, die ihm unbekannt waren und die sie aus ihren Büchern ablasen. Wenzel konnte zwar nicht verstehen, was sie sangen, doch die Worte klangen ein wenig bekannt für ihn. Es handelte sich um Altcamenisch. Sie zündeten mehr Kerzen an und schwenkten Weihrauch herum. W?hrend all dem sa? der Bursche nur in einem Sessel vor dem Altar, in eine Art von zeremonieller Kleidung gehüllt. Gleich danach aber nahm man ihm diese ab und bestrich seinen Scheitel, Brust und Nacken mit ?l und sagte dazu irgendwelche Gebete auf. Der Patriarch, der die Zeremonie anführte, las dann wieder irgendetwas in Altcamenisch vor, wobei Wenzel mehrmals einfach, ?Ich gelobe“, antworten musste. Schlie?lich erreichte das Ganze seinen H?hepunkt im Vorlesen einer Formel, die ausnahmsweise in Ordanisch war:
" Wir loben dich, wir preisen dich, oh Herr!
Wir verkünden hoch und heilig den Anbruch der letzten ?ra der Camenischen Prophezeiung
Die Abfolge der Zeitalter beginnet von Neuem.
Rückkehr der Jungfrau, Rückkehr der Melgarischen Herrschaft,
Von den H?hen des Himmels herab steige eine neue Generation.
Heilig, heilig, heilig!
Geboren ist ein Junge,
Durch den ein eisernes Geschlecht vergehe,
und ein goldenes auf der ganzen Welt erstehe,
Heilige Elisabeth, Dank sei Dir; es ist dein neuer Melgar erstanden.
Wir loben dich, wir preisen dich, oh Herr!“
Am Ende der Zeremonie, war Wenzel schlicht und einfach nur froh, dass fertig war. Er kleidete sich wieder in seiner normalen Kleidung und sie alle gingen gemeinsam hinaus zu den anderen. Die Besprechung war aber leider immer noch nicht zu Ende. ?Für die L?nge einer ganzen Lebenszeit eines Menschen mussten wir uns im Untergrund verstecken. Altgl?ubige hat man begonnen uns zu nennen, weil wir an der Heiligkeit des Erkorenen Melgar, gelobt sei er, festhielten. Doch wir sind die einzige Kommune! Wir sind die Wahrheit! Und nun ist die Hoffnung zurückgekehrt in der fleischgewordenen Form des Erkorenen!“, begann der Patriarch seine Litanei. ?Das B?se wird hinweggefegt werden und die Ikonoklasten in der H?lle schmoren!“ Allen hier war der Enthusiasmus ins Gesicht geschrieben. Etwas Gro?es war nun ins Rollen gekommen.