Ein dunstiger Morgen graute. Wenzel war schon l?nger wach, hatte sich selbst aber gezwungen noch etwas liegen zu bleiben. Eigentlich konnte er im letzten Jahr immer gut schlafen, seitdem er seine Seele nun stets bei sich hatte. Heute hatte er jedoch nur schlecht schlafen k?nnen, angesichts der Tatsache, dass nun ihre bisher gr??te Aufgabe bevorstand: Die Einnahme der feindlichen Hauptstadt. Der Bursche kleidete sich an und trat schlie?lich in voller Rüstung aus seiner vorübergehenden Unterkunft im Feldlager. überall war schon viel los und der L?rm vom Bau der Belagerungsger?te war zu h?ren. Die Morgenluft war frisch, aber von einer Fülle an unangenehmen Gerüchen durchsetzt, was in der jetzigen Situation nur logisch war. Brahm war natürlich auch hier und sagte zu ihm: ?Schauen wir mal, was wir so helfen k?nnen.“ Gemeinsam begaben sie sich dann nach vorne zum Zelt der Heerführer. Weder Theodor noch August, ja nicht mal Ulrich waren da. Somit ging er zum kleinen Hügel gleich anbei, von wo aus er die weite Ebene um die Stadt überblicken konnte.
Alles war in vollem Gange. Die M?nner waren flei?ig besch?ftigt von allen Seiten Gr?ben auszuheben, die sich im Zick-Zack immer mehr den steinernen Mauern anzun?hern versuchten. Diese ?G?nge“ dienten zum Schutz vor feindlichen Schützen und begannen schon au?erhalb der Reichweite des gegnerischen Feuers. Sie bauten auch h?lzerne Palisaden an diesen entlang, um sie zus?tzlich zu schützen. In seinem rechten Blickfeld sah Wenzel, wie Tassilo die Kanonen, die sie mitgeschleppt hatten, herankarren lie?. Es war eine ordentliche Anzahl. Gleichzeitig wurden auch die Pulverf?sser abgeladen und vorbereitet. Zur linken sah der Zauberer wiederum die Baumeister und Tischler am Werk. Sie waren dabei, Triboke, Katapulte und Belagerungstürme zu bauen. ?Was für ein riesiges Unternehmen!“, dachte sich der Bursche da, verstand aber, dass es wohl nicht anders ging. Auch seine beiden Leibw?chter waren vom Bild, das sich ihnen hier bot, beeindruckt. Als sie dann ersp?hten, wo die anderen waren, gingen sie in deren Richtung.
Ulrich war besch?ftigt damit die Konstruktion der Belagerungsmaschinen zu kontrollieren und diskutierte gerade etwas mit den Zust?ndigen. Theodor kam gerade zurück von seinem Ritt zu den M?nnern am inneren Belagerungsring, der gerade errichtet wurde. Er ritt langsamer werdend zu ihnen und stieg dann aus dem Sattel. ?Morgen, Jungs!“ – ?Morgen!“ Brahm redete nicht lange um den hei?en Brei. ?Was k?nnen wir für Aufgaben übernehmen, Feldmarschall?“ Dieser überlegte kurz: ?Ihr und Wenzel? Hmmm, ich wei? nicht.“ Da platzte pl?tzlich August, wie aus dem Nichts ins Gespr?ch herein, wo auch immer er hergekommen war: ?Wenzel sollte sich lieber im Hintergrund halten. Wir k?nnen es nicht riskieren, dass dem Erkorenen etwas zust??t.“ Sie hatten den Eindruck, als ob Theodor mit ihm übereinstimmte. Was er sagte, machte ja auch Sinn. Dennoch ergriff nun ausnahmsweise Ferenc das Wort: ?Der Boss will mit Sicherheit auch irgendwie mithelfen. Au?erdem glaube ich, dass er hier seine eigenen Entscheidungen treffen kann.“ – ?Er ist immer noch ein Kind! Es ist unsere Aufgabe und Pflicht ihn zu beschützen“, erwiderte August.
Da signalisierte Theodor mit seiner Hand, dass er etwas sagen wollte und alle kuschten. Er wandte sich direkt an den Jungen: ?Was willst du mithelfen, Wenzel?“ Der Magier lie? es sich einen Moment durch den Kopf gehen und antwortete dann: ?Ich m?chte unseren Truppen irgendwie helfen. Vielleicht indem ich bei einer Eingreiftruppe dabei bin, die bei einem feindlichen Angriff geschickt wird, um ihn abzuwehren.“ Da musste der Felsmarschall lachen. Man konnte sehen, dass es tats?chlich Freude war, die in seinem Gesicht zu sehen war und nicht H?me. ?Das geht überhaupt nicht!“, beschwerte sich August natürlich. Theodor aber erwiderte: ?Ich sehe, dass sein Herz ihn treibt ein Anführer zu sein. Wenn dem so ist, werde ich dem nicht im Wege stehen.“ Erbost entgegnete August in lautem Ton: ?Das ist v?llig unverantwortlich, Theodor! Ich wei?, dass du so bist und denkst, aber der Junge ist kein Krieger wie du. Die Gefahr, dass er stirbt, ist viel zu hoch!“ Gelassen gab der Anführer seine Antwort: ?Wenn er wirklich von Gott erkoren ist, dann wird er nicht sterben.“ Damit war alles gesagt. August gab auf und hinkte beleidigt fort.
?Mach dir nichts draus“, redete Brahm dem Burschen dann zu. ?August meint es dir damit nur gut. Au?erdem hat er, was ich von den anderen geh?rt habe, anscheinend ziemlich gro?e Probleme mit seinem Bein. Angeblich soll es ihm gro?e Schmerzen bereiten. Ich verstehe sowieso nicht, warum er es sich damit antun wollte, mitzukommen.“ Wenzel wusste nicht, was er darauf sagen sollte. Ein paar Tage darauf waren die drei dann Teil einer Reitertruppe, die im Notfall wo eingriff. Nun verging viel Zeit. Anfangs waren es Tage, die dann aber schnell zu Wochen wurden. Stück für Stück arbeiteten sich die Soldaten immer n?her an die Festungsstadt heran, w?hrend die Belagerungsger?te fertiggestellt wurden. Ein paar Mal ritten die Verteidiger aus der Stadt heraus und attackierten die sich immer n?her an die Mauern herangrabenden Belagerer. Diese Ausfallangriffe bewirkten aber, abgesehen von ein paar Verlusten an M?nnern, nicht viel. Sie fanden weiter im Norden, bei der übelbastion statt, sodass Wenzels Trupp nicht dafür geschickt wurde. Unser Magier hatte einstweilen wenig zu tun und konnte nur dabei zusehen, wie die Belagerung immer enger und die Kr?fte der Verteidiger immer schw?cher wurden. Auch kam einmal ein weiterer Versuch von Entsatztruppen, die Belagerung von au?en zu durchbrechen. Diese fand aber auch im Nordwesten statt und hatte absolut keine Chance.
Schlie?lich begann die richtige H?lle abzugehen. Sobald die Belagerer in Schussreichweite von den W?llen waren, begann der endlose Beschuss mit Pfeilen, aber auch mit den ach so raren Schusswaffen. ?Bum, Bum!“, krachten die ersten Kanonenkugeln in die Palisaden der M?rtyrer. Oder eigentlich nicht, um genau zu sein. Sie lie?en all diese Arbeiten vom ?Volksheer“ erledigen, w?hrend die K?mpfer der M?rtyrerbrigaden für die wirklich wichtigen Unterfangen zurückgehalten wurden. Ihre Armee, die nun auch alle Kanonen positioniert hatte, erwiderte das Feuer. 80 Kanonen, wie er sich sagen hatte lassen, feuerten nun pausenlos auf die Mauern der Stadt ein. Es hatte nur bedingt einen Effekt. Leider. Der Grund dafür waren die massiven Bastionen, welche man nicht so einfach kleinkriegen konnte. Tassilo konzentrierte das Sperrfeuer auf die L?wenbastion, welche im Laufe der Zeit immer massivere Sch?den erlitt, aber trotzdem nicht ?bezwungen werden konnte. Der Gestank von Schwarzpulver und Blut erfüllte die Luft. Auch die Triboke und Katapulte schleuderten nun endlos Steine auf die Mauer oder direkt in die Stadt selbst hinein! Der Kampf ging weiter. Jeden Tag war nun überall das laute Donnern der Kanonen von beiden Seiten zu h?ren, w?hrend sich die Tunnelgr?ber mittlerweile intensiv zur Mauer voranarbeiteten. Es waren nicht einer oder zwei, sondern unz?hlige Tunnel, die gleichzeitig gegraben wurden.
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An der südwestlichen Seite waren nun endlich die Belagerungstürme fertiggestellt. Diese wurden mit Ochsen in Richtung der Zeerbastion gezogen. Es war nur ein sehr langsames Vorankommen mit diesen. Die Belagerungstürme dienten eigentlich dem Zweck, die Feinde auf den Mauern beschie?en zu k?nnen, nicht unbedingt, um die Mauer damit zu stürmen. Aber diese Idee scheiterte leider kl?glich. Als die Türme nahe genug an den W?llen waren schleuderten die Verteidiger irgendeine Art von Flüssigkeit auf die Türme. Es war ?l! Dann beschossen sie die Dinger mit Feuerpfeilen und den Rest konnte man sich ja denken. Die Belagerungstürme brannten lichterloh. Noch mehr Wochen vergingen nach dem und beiden Seiten begann langsam das Schwarzpulver für die Kanonen auszugehen. Was den M?rtyrern aber nicht ausging waren die Soldaten, welche sich trotz teils herber Verluste weiter vorarbeiteten und demn?chst schon unter der Stadtmauer sein würden. Es war ein Ende in Sicht.
Wenzel kamen aber bei all dem ganz andere Gedanken. Viele ihrer Geschosse flogen über die Mauer und zerst?rten die Geb?ude dahinter. Er hatte die Befürchtung, dass dies die Bibliothek, in der das von den Melgarionen gesammelte Wissen über Magie zu finden war, besch?digt oder gar zerst?rt werden k?nnte. Er hatte auch eine Unterhaltung darüber mit Theodor pers?nlich gehabt, doch gab es nichts, was dieser tun konnte, um die Sicherheit eines Geb?udes in diesem Szenario zu garantieren. Folglich kam dem Zauberer die Idee, dass er des Nachts unbemerkt über die Mauer fliegen k?nnte und auf diese Weise entweder überprüfte, ob die Bücher sicher waren oder diese vielleicht sogar mitnahm. Er hatte ja die F?higkeiten sie einfach schweben zu lassen und sie damit über den Luftweg aus Greifenburg hinauszubringen. Ein gewagter Einfall, der in Wenzels Vorstellung aber ein guter war. Natürlich würde er niemandem davon erz?hlen oder um Erlaubnis fragen. Diese Mission w?re den anderen wohl zu gef?hrlich und sie würden sie ihm verbieten. Er würde das einfach durchziehen, ohne wem davon zu erz?hlen.
In der Nacht hatte der Bursche allerdings einen Traum. Er flog über die gigantischen Mauern Meglarsbrucks. Alles war dunkel und nur die der Feuerschein der Fackeln von den Wachen war zu sehen. Es war wirklich kalt und er konnte nicht genau sehen, wo er hinflog und erst recht nicht wo die Bücherei war. Dann durchfuhr es ihn wie ein Blitz! ?Ahh“!“, schrie er auf, als ihn ein stechender Schmerz durchfuhr. Ein Pfeil hatte ihn am K?rper getroffen und er begann hinunter in die finsteren Gassen der Stadt zu stürzen. Er bremste seinen Fall, klatschte aber trotzdem unsanft auf die Pflastersteine einer Stra?e auf. Er griff sich an die Wunde und merkte, dass sie stark blutete. Er war im Schock. War es das? Würde er so verenden? Dann war es pl?tzlich vorbei. Wenzel wachte aus dem Schlaf auf und wusste sofort, dass dies wieder eine seiner detaillierten Visionen gewesen war. Er entschied folglich einen Versuch die Stadtmauer zu überfliegen sein zu lassen.
Der n?chste Tag sah dafür seinen ersten Einsatz. Als er gerade sein Schwert am Schleifstein wetzte kam Brahm herbeigehetzt. ?Feindlicher Ausfall am L?wentor!“ Wenzel sprang auf und eilte los. Ihre Truppe setzte sich unmittelbar in Bewegung und galoppierte dem Sto?trupp des Regimes entgegen, der ihre M?nner in den Gr?ben attackierte. In Windeseile waren sie dort und von den Mauern herab worden sie nun auch beschossen. Mit Reiterlanzen stie? ihr Reitertrupp in die Feinde hinein, wodurch diese einige Verluste erlitten. Sie gaben aber nicht gleich auf und es kam zu einem Scharmützel. Wenzel war weiter hinten und nicht direkt im Kampf. Er übernahm die Aufgabe m?glichst viele der Pfeile, die die Schützen von der Brustwehr abfeuerten, mit Telekinese abzuwehren oder abzulenken. Dies war das erste Mal, das irgendwer von Feind so etwas gesehen hatte. Schlie?lich traten die k?niglichen Truppen den Rückzug an, was auch für Wenzels Trupp das Signal war, umzukehren. Als sie dann aber zurückritten, war der Bursche nicht aufmerksam genug. Er vernahm nur ein kurzes Zischen und schon war es geschehen. Ein Pfeil hatte seinen Unterschenkel durchbohrt!
Er riss sich zusammen und ritt den restlichen Weg noch selbst zurück. Ein besorgter Ferenc und Brahm holten ihn dann aber gleich vom Pferd und lie?en ihn sofort von einem Arzt versorgen. Dieser meinte, dass die Sache nicht schlimm war. Der Muskel würde laut diesem wieder verheilen. Wenige Minuten sp?ter tanzte August an. Wenzel war unglaublich erfreut sich dessen erwartetes Schulmeistern anh?ren zu k?nnen…..nicht! ?Hab ich’s euch nicht gesagt! Naja, ihr k?nnt froh sein, dass nichts Schlimmeres passiert ist. Lasst die Sache jetzt lieber sein!“ Beim Letzteren gab der Magier jetzt zumindest nach. Für den Rest der Belagerung würde er nur noch als Zuschauer dabeisitzen, bis sein Bein geheilt war. Dennoch war seine Wunde, wie gesagt, nicht besonders schlimm. Der Grund, warum Wenzel sich eingebildet hatte, auch irgendwie hier mitwirken zu müssen, war der, dass er im Innersten den Drang verspürte seine eigenen Entscheidungen treffen zu k?nnen und sich nicht immer von anderen alles diktieren zu lassen.
Dann kam endlich der lang erwartete Tag. Als die M?nner die Mauer zwischen der L?wenbastion und der Ehernen Bastion ausreichend untergraben hatten, setzten sie die Holzstützen in Brand und machten sich so schnell wie m?glich aus dem Staub. Die besten Einheiten der M?rtyrer standen unterdessen in Gefechtsbereitschaft. Der Rauch stieg aus den Tunneln auf, die Verteidiger auf den W?llen riefen und wurden bange. Endlich passierte es dann. Der Boden unter der dicken Mauer gab nach und die Mauer stürzte ein.
Sofort darauf stürmten die M?rtyrerbrigaden zur Mauer, angeführt vom Feldmarschall h?chstpers?nlich. Der Schutthaufen der Mauer war niedrig genug, um überwunden zu werden, doch die Regimesoldaten hatten noch nicht aufgegeben. Viele flohen, aber ein sehr gro?er Teil blieb immer noch auf ihren Posten und schoss weiterhin von den Bastionen herab. Die M?rtyrer kletterten über die Mauerreste und wurden sogleich von einer Gruppe an Verteidigern begrü?t. Der Sieg musste hart erk?mpft werden! Die M?nner lie?en einen Kriegsschrei los und stürzten sich, dem Mann mit dem B?renhelm folgend, ins Kampfesgeschehen. Es war ein blutiges Gefecht und viele gute M?nner fielen. Doch schlie?lich begannen die Reihen ihrer Gegner nachzugeben. Mehr und mehr stieg der Druck und mehr Blut floss, bis es letztlich nicht mehr zu halten war und die Verteidiger, die noch übrig waren, zurückwichen und dann flohen. Einige Schützen an den Mauern lie?en immer noch nicht ab, doch eine immer gr??ere Anzahl von ihnen lief davon, als sie sahen, dass die restlichen Streitkr?fte der Belagerer heranrückten, um in die Stadt einzumarschieren.
Es war vollbracht! Greifenburg war gefallen. Es würde noch ein wenig dauern, bis alle von deren Kr?ften sich ergeben hatten, doch das Eindringen der Revolutionskr?fte konnte nicht mehr verhindert werden. Es war ein hart erk?mpfter Sieg mit vielen Verlusten auf beiden Seiten. Und wieder einmal kam Theodor v?llig unversehrt aus dem Kampf zurück. Dieser Mann war unbesiegbar!