Am Fu?e der Pf?hle waren leicht flammbare Dinge wie Strohballen und kleine St?cke angeh?uft. Darüber hatte man etwas Holz geschlichtet. Direkt vor dem Amtshaus waren eine ordentliche Anzahl an Soldaten und M?nnern in Roben versammelt. Auf den Rüstungen der Soldaten und Roben derer, die wie Priester aussahen, waren Symbole zu sehen, die Wenzel noch nie gesehen hatte. Es waren Wappen, welche ein aufgeschlagenes Buch abbildeten, mit einem Hammer rechts und einem Olivenzweig links davon. Das Buch stand ganz offensichtlich für das ?Heilige Testament“. Was der Olivenzweig sollte, war Wenzel nicht wirklich sicher. Die Bedeutung des Hammers war ihm aber wieder klar, dachte er zumindest. Wenzel war sich sicher, wer diese M?nner sein mussten: Die Inquisition!
Inmitten der Soldaten wurden zwei Frauen in Lumpen und mit eisernen Schellen an den Hand- und Fu?gelenken gehalten. Sie waren hier, um am Scheiterhaufen verbrannt zu werden. Als die Realisation, was hier vor sich ging, bei Wenzel einsetzte, wurde ihm übel und ein Anflug von Panik überkam ihn und das, obwohl es ja gar nicht ihn betraf. Betroffen war er aber trotzdem davon. ?Sind diese Frauen auch Magier so wie ich?“, ging es dem Jungen durch den Kopf. ?K?nnten sie sich in dem Fall, dann nicht einfach selbst helfen, einfach davonfliegen?“ Nein, Wenzel wurde gleich klar, was die Situation hier war. Es war genauso, wie Herr Albrecht es ihm erst vorhin gesagt hatte: Die Regierung schraubte die Unterdrückung nach oben, wegen der Zust?nde im Land. Diese Damen waren keine Magierinnen. Sie waren wahrscheinlich Ketzer oder Aufst?ndische, also Leute, die sich offen gegen das Herrscherhaus oder die Kirche ausgesprochen hatten. Jetzt hatte der Bursche definitiv seinen Beweis dafür erhalten, dass Herr Albrecht ihn nicht angelogen hatte. Nicht, dass er sich das von seinem Lehrer erwartet h?tte. Er hatte ihm sowieso geglaubt.
Die Gefangenen sahen abgemagert und zerzaust aus und sie wirkten absolut und vollkommen entkr?ftet. In ihren glasigen Augen konnte man die Resignation sehen. Was diesen angetan worden war, um so zu auszusehen, wollte man besser nicht wissen. Wenzel wurde extrem nerv?s und sein ganzer Leib erstarrte beim Anblick dieser Trag?die. Er wollte eigentlich weglaufen von hier, aber sein K?rper wollte sich, fast schon einer Abwehrreaktion gleich, nicht mehr bewegen. Eine Angststarre. Schlie?lich wurden die Frauen auf den Scheiterhaufen geleitet und an den Holzpfosten festgebunden. Das ?Spektakel“ würde jeden Moment beginnen. Der Gro?teil der versammelten Schar war nun leise geworden. Ein oder zwei riefen irgendetwas nach vorne, aber er konnte nicht ausmachen, was es war.
Dann kamen die Inquisitoren mit brennenden Fackeln und legten sie ganz unten an die Scheiterhaufen, damit die Flammen von unten nach oben alles entzünden konnten. Teile der Meute begann zu johlen und gr?len. Sehr schnell kam es zu einer gewaltigen Rauchentwicklung, welche Wenzel endlich dazu zwang sich abzuwenden und sich den ?rmel vor die Nase und halten. Ohnehin wollte er so etwas Abscheuliches nicht sehen. Endlich aus seiner Trance herausgerissen, drehte er sich um und versuchte sich mühevoll an den Menschenmassen vorbeizupressen. Es ging nur langsam. Hinter sich begann er dann Schreie zu h?ren, die ihm durch Mark und Bein gingen. Instinktiv drehte er sich um und sah…… er sah, was die Flammen anrichteten. Schockiert wandte er sich sofort wieder auf und versuchte so schnell wie m?glich weg von hier, wieder in die Schule zu kommen. Dieser Anblick, so kurz wie er auch gewesen sein mag, hatte sich in sein Bewusstsein eingepr?gt. Wenzel würde ihn nie wieder vergessen.
Als er es endlich heraus aus der Menge schaffte, lief er. Und nicht einfach irgendwie. Wenzel lief so schnell, wie ihn seine Fü?e tragen konnten. Das war zwar nicht beeindruckend schnell, weil er unsportlich war, aber darum ging’s jetzt nicht. Au?erdem war er ohnehin ausgezehrt durch seine Distanz vom Amulett. Erst als er schon am Rande der Siedlung war, wurde er endlich langsamer. Sein Herz klopfte wie wild und er schnappte ausgepumpt nach Luft. Er blieb am Stra?enrand stehen und beugte sich vorne über. ?üüüü???h!“ Wenzel’s K?rper wollte sich wieder übergeben, doch es kam nichts, au?er etwas Wasser. Sein Magen war bereits entleert. Der Hauptgrund für das erneute Aufsto?en war natürlich nicht die Bewegung. Danach stand er einfach nur so herum und starrte eine Weile in die Gegend. Die Furchtbarkeit dessen, was er soeben erlebt hatte, lie? ihn nicht los. ?Wie kann man nur?“, ging es ihm durch den Kopf. Der Staat rechtfertigte all das mit religi?sen Dogmen und Erkl?rungen. Für Wenzel waren es nur Ausreden. ?Wenn so etwas wirklich der Wille Gottes ist, dann ist es besser gegen einen solchen Gott zu sein!“, war die Schlussfolgerung des Jungen.
Schlie?lich fing er sich und legte noch die verbleibende Strecke zum Internat zurück. Er stellte schnell sicher, dass ihn keiner sah, dann kletterte er entlang des Efeus, der die Mauer zugewuchert hatte hinauf und sprang auf der anderen Seite hinunter. Er konnte allerdings nur ein paar wenige Schritte machen, bis er bemerkte, dass da jemand war, der ihn gesehen hatte! Die Person in Frage war eine Schülerin, eher klein und mit langem brünettem Haar. Ausgerechnet Amalie, musste es sein! Wenzel, der sich wie immer keinen Plan überlegt hatte, wenn so etwas passierte, ging raschen Schrittes zu ihr, um sie irgendwie zu überzeugen ihn nicht bei wem zu verpetzen. Ihre K?rpersprache sandte Signale der überraschung und, dass sie wohl lieber woanders w?re. ???hm….du …ich.“ Amalie, die ihm zuerst in die Augen geblickt hatte, unterbrach ihn und sagte, w?hrend sie ihren Blick auf den Boden senkte: ?Alles okay. Ich hab nichts gesehen.“ Sogleich drehte sie sich zur Seite und ging weg von ihm.
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Der Bursche war mehr angerührt, als dass er froh darüber war, sie nicht überreden haben zu müssen. Was war nur los? War Wenzel wirklich so absto?end? Er wusste, dass das nicht der Fall war. Und warum hatte sie ihm niemals eine Antwort auf seinen Liebesbrief gegeben? Naja, der Junge riss sich da gleich wieder zusammen. Er war überzeugt davon, dass dies mehr damit zu tun hatte, dass Amalie schüchtern war und sich nicht traute ihm pers?nlich zu antworten. Das konnte er verstehen, denn er war auch oft nicht sicher, wie er Dinge anderen gegenüber ausdrücken sollte.
Dann ging er hinauf in sein Zimmer. Als er eintrat, sa? Aurel gerade an seinem Schreibtisch und schrieb an irgendwas. Er blickte auf und begrü?te Wenzel lakonisch. Dann wandte er sich sofort wieder seiner Arbeit zu. Es sah so aus, als ob Wenzels Abwesenheit nicht aufgefallen war. Generell hatte Aurel in letzter Zeit überhaupt nicht mehr überprüft, ob Wenzel, wenn er sagte, dass er gemeinsam mit Peter in der Schule noch Hausübung machte, das auch tats?chlich tat. Darum konnte sich der Junge jetzt auch ?fters aus dem Internat schleichen. Jedenfalls war Wenzel vollkommen ersch?pft. Die Balkontüre stand offen, weil sein Bruder immer ?frische Luft hereinlassen“ wollte, wie dieser es immer formulierte. ?Es ist zwar glühend hei? drau?en, aber warum nicht? Lass nur all die hei?e Luft herein!“, dachte sich Wenzel sarkastisch. Er stellte sich hinaus auf den winzigen Balkon und blickte über den Park. Eine Zeit lang starrte er nur L?cher in die Luft. Der heutige Tag hatte ihn geschafft. Und das, was er gesehen hatte, würde ihm heute in seinen Albtr?umen begleiten! Was für ein Tag!
Der n?chste Tag verlief v?llig normal…..bis zur 3 Stunde. Sie hatten gerade den Mathematikunterricht hinter sich und waren dabei wieder Klasse zu wechseln als er von den anderen Schülern, die miteinander tratschten, etwas aufschnappte: ?Dass sie mit dem gehen würde, h?tte ich mir auch nicht gedacht. Der kann schon ein ganz sch?ner Fiesling sein, der Aurel.“ Da spitzte Wenzel die Ohren. Aurel mit einer Freundin? Normalerweise waren ihm solche Sachen egal, aber wenn es um seinen Bruder ging, machte Wenzel eine Ausnahme. Was ihm dann allerdings zu Ohren kam, war alles andere als ?interessant“.
?Die Amalie und der Aurel? Die passen doch überhaupt nicht zusammen, oder?“, sagte eines der M?dchen. Wenzel h?rte zwar noch weiter zu, doch in seinem Inneren hatte sich jetzt etwas in Bewegung gesetzt. Und es war nichts Gutes! Zwei Stunden würde der Junge noch durchstehen, dann informierte er wieder einen Lehrer, dass er ?schwindelig und an der Grenze des Machbaren“ sei, um wieder eine Stunde mit seinem Amulett bei Frau Adele zu bekommen. Diesmal war es aber eine Lüge. Alles, was er wollte, war Zeit, um ?ein Wort“ mit Aurel zu haben. Er ging nicht gleich zu Frau Adele, sondern wartete am Gang, um Aurel abzufangen. Als sein kleiner Bruder ihm sagte, dass er sich mit ihm über etwas unterhalten wollte, war Aurel erst einmal überrascht. Die beiden gingen dann hinauf auf den Dachboden, damit sie keiner h?ren konnte.
Als sie durch die Tür dort hineintraten, kam ihnen ein alter Mief entgegen. Hier am Dachboden war alles komplett verstaubt, alte B?nke, Tische, Gl?ser, Buchstapel, K?sten und wei? der Geier was noch. Von den Dachbalken hingen riesige Spinnennetze. ?Was ist denn bitte so wichtig, dass wir hier rauf gehen müssen, um darüber zu reden? H?ttest du nicht warten k?nnen, bis wir wieder zu Hause sind, Winzel?“
?Nein! Und h?r auf mich so zu nennen!“, bellte Wenzel ihn, wahrscheinlich das erste Mal in seinem Leben, wütend an. Dann versuchte er sich ein wenig zu fassen, was vergebene Mühe war. ?Es gehen Gerüchte um, dass du eine Freundin hast.“ Wenzel schaute seinem Bruder fragend in die Augen. Dieser antwortete: ?Ja. Und?“ – ?Es wird gesagt, dass es Amalie ist. Stimmt das?“ Aurel machte einen ernsten und gleichzeitig leicht verwirrten Gesichtsausdruck. Er spürte die Feindseligkeit seines jüngeren Geschwisters.
?Ja. Das ist richtig“, beantwortete er schlie?lich die Frage. In dem Moment rastete Wenzel endgültig aus. Er schrie: ?Das hast du mir wieder mit Absicht gemacht! Gib’s zu!“ Aurel war nicht immer ein Blitzkneisser, doch er verstand augenblicklich was hier los war. Er hatte keine Ahnung von Wenzels Gefühlen gegenüber Amalie gehabt. Wenzel hatte hier seine eigenen Schlussfolgerungen gezogen, da Aurel ihn st?ndig nur piesackte und auf ihn herabblickte. Er hatte sich davon überzeugt, dass Aurel ihm mit einer solchen Aktion ultimativ eins auswischen wollte. Bevor Aurel irgendetwas antworten oder tun konnte war es aber schon geschehen. Die kleine Wenzel ballte seine Faust und boxte seinem gro?en Bruder in den Bauch!
Das war ein gro?er Fehler! Sogleich wurde er von seinem viel st?rkeren Geschwister auf den Boden geworden und musste zehnmal so viel einstecken, wie er ausgeteilt hatte. Eigentlich h?tte Aurel die Sache mit Wenzel friedlich besprechen wollen, doch dieser kurze Gedanke hatte sich nun in Luft aufgel?st. ?Dir bin ich schon mal überhaupt keine Rechenschaft schuldig! Meine Beziehungen gehen einen Versager wie dich überhaupt nichts an!“, verlautbarte der nun auch wutentbrannte Aurel.
Wenzel war unterdessen schon wieder vom Boden aufgestanden. Aurel wollte ihn schon fast wieder angreifen, doch nahm sich dann zurück und sagte: ?Du wirst jetzt die Klappe halten und dich wieder sch?n brav in den Unterricht setzen! Wenn du dir nochmal so etwas erlaubst, dann werde ich den Lehrern und unseren Eltern sagen müssen, dass du dich immer aus dem Internat schleichst!“ Der kleine Bruder war perplex. Er hatte nicht erwartet, dass Aurel über seine ?Ausflüge“ nach Olemar wusste. Von all der Aufregung war Wenzel ganz rot im Gesicht geworden. Der Junge blickte seinem ?lteren Geschwister nicht mehr in die Augen, ging an ihm vorbei und wieder zurück in seine Klasse. Das Thema war durch. Und für Wenzel war Aurel unten durch.
Eine riesige Latte an Problemen hatte sich nun für Wenzel aufgestaut, ohne dass es irgendeinen Ausweg aus diesen zu geben schien. Der Hexer Wenzel hatte jetzt fast schon sein Limit erreicht. Es war fünf vor zw?lf!