Ort: K?nigspalast in Greifenburg
Datum: 29.8.461 (der Kür des Herrn)
Vor Kurzem war ein Bote eingetroffen. Er hatte Nachrichten aus Olemar gebracht, überaus schlechte Nachrichten. In der Folge wurde ein Kronrat einberufen. Eine Anzahl an Ministern schritten die G?nge in Richtung Besprechungssaal entlang. Die Dienstm?gde waren gerade am Reinigen der riesigen Bilder, die die G?nge s?umten. Auf, zu, auf, zu ging es mit der Türe, bis schlie?lich alle eingetroffen waren. Auch Ihre Hoheiten, der K?nig und die K?nigin waren zugegen. ?Setzen Sie sich, bitte, meine Herrschaften!“, bat der K?nig. Zu seiner Linken sa? seine Frau, K?nigin Katharina, mit ihrem wallendem, langem Haar. Zu seiner Rechten sa?, im starken Kontrast dazu, die k?nigliche Beraterin Gabriela, mit ihrem stets bleichen Gesicht und ihrer kalkulierenden Art und Weise.
Ganz offenbar waren nur fünf Minister eingeladen. Mehr Leute waren nicht eingeweiht, was das heutige Thema betraf. ?Wohl denn, meine Herren!“, begann Seine Majest?t die Ausführungen. ?Es hat sich etwas durchaus Bedenkliches bezüglich der Person in Olemar ergeben. Ich gehe davon aus, dass sie sich noch entsinnen k?nnen, wovon hier die Rede ist. Zwei der Anwesenden nickten. Der Innenminister musste noch kurz überlegen gab aber dann auch ein Zeichen der Best?tigung. Der K?nig fuhr fort: ?Es scheint, wohl so, als sei er entflohen.“ Diese Aussage schien nun von allen relativ kühl und gelassen entgegen genommen zu werden, allen au?er einer. Beim Vernehmen dieser Aussage war gro?e überraschung im Gesicht der K?nigin zu sehen. Ihr Ehemann, obgleich dieser für Gew?hnlich besser darin war, seine Gefühle zu verbergen, zeigte auch klare Anzeichen dessen, dass ihm diese Situation peinlich war. Dem Anschein nach war Seine Hoheit bereits über die Nachricht informiert worden, hatte jedoch seine Gattin darüber noch nicht in Kenntnis gesetzt.
?Entflohen? Wie ist das, bitte, zu verstehen, Eure Hoheit?“, richtete sich Katharina an ihren Ehemann. Dieser antwortete so neutral und emotionsbefreit, wie es ihm m?glich war: ?Genauso, wie es in dem Bericht formuliert ist. Weg. Sein aktueller Aufenthaltsort ist unbekannt. Es scheint so, als h?tte das Kind sich seines Bruders gewaltsam entledigt und floh dann in der Folge. Eine Untersuchung ist bereits auf den Weg gebracht.“ Sie blickte Maximilian I. bei seinen Ausführungen intensiv und mit besorgter Miene an. Anstatt ihr erhob allerding die K?nigsberaterin die Stimme: ?Wenn man mir das Wort erlaubt, ich habe etwas zu betonen, etwas, das sehr wichtig ist.“ Alle schauten sie an. ?Nun ja, diese Information ist bisher nur Ihren Hoheiten bekannt, doch muss ich darauf verweisen, von welch gro?er Bedeutung die Sicherstellung des ?Gegenstands“ ist.“ Des K?nigs scharfer Blick fiel auf sie herüber. Sie fügte hinzu: ?Ich bitte um Erlaubnis von Eurer Majest?t die Information mit den anwesenden Ministern zu teilen. Ich denke, dass die Bedrohung der Staatssicherheit ein angemessener Grund hierfür ist.“
Der Souver?n warf ihr einen Blick entgegen, der Verst?ndnis signalisierte. Er rückte nah an seine Frau heran und die beiden nuschelten miteinander für eine Minute. Danach wandte er sich wieder an Gabriela und sprach: ?Sie haben unsere Erlaubnis.“ – ?Vielen Dank, Eure Majest?t!“ Danach begann die Dame alle Versammelten über das Amulett zu informieren. Fünf von fünf Ministern waren klar geschockt über diese Enthüllungen. Gemeinsam wurde folglich beschlossen, dass eine GENAUE Untersuchung der Vorf?lle eingeleitet werden würde, wofür man ein eigenes Team entsenden würde. Alle Betroffenen würden verh?rt werden und eine Suchaktion nach dem Jungen würde anlaufen. Worüber man sich im Kronrat nicht im Klaren war, war die Tatsache, dass dies bereits viel zu sp?t kam.
Nach der Besprechung gingen alle wieder ihren Pflichten nach. Der K?nig schien gelassen, doch beim Verlassen des Besprechungssaals war eindeutig Sorge im Gesicht der K?nigin zu erkennen, obgleich sie versuchte diese zu verbergen. Sie zupfte an den Gew?ndern ihres Mannes und die beiden begannen bereits auf dem Weg in ihre Gem?cher, leise miteinander zu reden. Die Beraterin marschierte direkt in ihr Arbeitszimmer. Gabriela setzte sich auf den Tisch und begann die notwendigen Dokumente und Befehle zu erstellen, die diese Situation verlangte. Hinter ihr ging aber pl?tzlich die Türe langsam, knarrend auf. Die Frau schreckte kurz auf, sah aber, als sie sich umdrehte, dass es sich nur um ihren Sohn handelte. Er war einfach ohne Klopfen eingetreten. ?Lucius, Mama ist jetzt gerade besch?ftigt. Bitte, st?r mich jetzt nicht.“ Der Bursche entgegnete: ?Ich bin schon mit meinen Sachen für heute fertig, Frau Mutter. Darf ich in den Garten Ballspielen gehen?“ – ?Ja, darfst du.“ – ?Und darf ich mir auch ein paar Sü?igkeiten nehmen? Ich nehm mir eh nicht viele, ich versprech’s.“ Die Mutter blickte in die kindlichen Augen ihres Sohnes. Er war zwar wirklich nicht mehr SO jung, doch in ihren Augen würde er immer das kleine Kind sein, dass sie zur Welt gebracht hatte. Sie konnte nicht nein sagen. ?Okay, aber wirklich nicht viel.“ – ?Okay, danke, Frau Mutter!“ Dann war er auch schon wieder fort.
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In der Nacht desselben Tages begab sich Gabriela woanders hin. Sie stellte sicher, dass sie niemand sah oder erkannte und ging durch eine geheime Tür in der Privatbibliothek des Palastes. Hier trat sie nun allein einen engen finsteren Stiegenabgang mit einer Kerze in der Hand hinunter. Der Abgang endete an einer Tür, irgendwo im Keller des Palastes. Sie sperrte diese mit einem gro?en, uralten Schlüssel auf und trat ein. Das Zimmer, in das sie trat, hatte keine Fenster. An den W?nden hingen dennoch lange Vorh?nge und es standen hier Bücherregale und ein Tisch mit Stapeln an Büchern und Gl?sern darauf. Die Frau ging zu einem der Regale und nahm etwas aus einer der unteren Reihen. Es handelte sich nicht um ein Buch, sondern eine kleine Puppe von der Gr??e einer Hand. Die Dame trug diese hinüber zum Schreibtisch und begann nach einem bestimmten Buch zu suchen. Es war das vierte am rechten Stapel. Dieses schlie?lich gefunden habend, schlug sie es auf und bl?tterte, bis sie die Seite gefunden hatte, die sie brauchte.
Dann begann sie laut in einer fremden, alten Sprache daraus vorzulesen. Damit einhergehend, nahm sie Haarnadeln, die sie mitgebracht hatte und stach diese in die Puppe hinein. Dieses Ritual vollzogen habend, machte sie noch nicht Schluss. Sie st?berte nach einem anderen Buch, welches sie auch recht schnell fand. Danach nahm sie Feder und Tinte zur Hand und begann scheinbar einen magischen Zirkel auf ein gr??eres Blatt Pergament zu zeichnen. Als sie fertig war, setzte sie dann die Puppe in die Mitte des gezeichneten Kreises und begann wieder etwas vorzulesen. Im n?chsten Schritt nahm sie dann die Kerze und entzündete das Pergament damit, welches in Folge, wenn auch nur kurz, auch die Puppe in Brand steckte. Sie blickte skeptisch auf die leicht verbrannte Puppe, die gleich wieder erloschen war. ?Fehlschlag“, kam es ihr über die Lippen.
Letztlich ging die Frau hinüber in die Ecke des Zimmers und schob den Vorhang beiseite. Hinter diesem war ein kleiner Altar, fast schon einem Hausaltar gleich, verborgen. Weswegen man in einem ohnehin schon geheimen Raum weitere Dinge verstecken müsste, sei nun der eigenen Interpretation überlassen. Nichtsdestotrotz war es kein gew?hnlicher Altar. Die kleine Figur, die darauf stand, war nicht irgendein Heiliger oder so etwas, sondern bildete ein anthropomorphes Biest mit h?rnern ab. Gabriela zündete zwei Kerzen links und rechts davon an und machte kurz ein stilles Gebet. Die H?nde vor sich gefaltet, konnte man sie, ?Herr Voland, zerst?re die Feinde der Menschheit“, wispern h?ren. Dann richtete sie die Dinge wieder genauso ein, wie sie zuvor hier waren. Sie blickte hinüber zu der Kerze, die am Tisch stand und die kalten, rauen Steine des Gew?lbes erleuchtete.
?Alles wird nach Plan verlaufen. Mach dir keine Sorgen, Gabriela“, begann sie ihr Selbstgespr?ch. ?Sie alle haben nicht das Wissen, das sie brauchen würden, um das Alte zurückzubringen. Und sie werden es auch niemals haben! Das werde ich schon sicherstellen. Die Sache ist zwar ein wenig aus der Bahn geraten, doch diese M?glichkeit hat immer bestanden.“ Sie setze sich auf den Sessel und schnaufe intensiv. Dann aber begann sie etwas in ihr aufzustauen. Sie presste ihre Z?hne zusammen, sodass diese schon knirschten und ballte die F?uste. Wütend schlug die Dame schlie?lich auf den Tisch und stie? dabei fast schon die Kerze um! Dies bemerkt habend, ging sie dann zum n?chstgelegenen Regal und schlug stattdessen auf dieses schreiend ein. Recht bald erlangte sie aber wieder ihre Fassung und starrte dann wieder in Richtung des Rituales, dessen überreste noch am Boden lagen.
?Ich…Wir werden schon die Involvierten finden. Und ich….wir werden sie schon zu nutzen wissen. Wenn wir ihn schon nicht antasten dürfen, so gibt es auch andere Wege, um Kontrolle auszuüben.“ Dann begann sie auch diese Spuren hier zu beseitigen. W?hrend sie das tat gingen aber ihre Selbstgespr?che ungebremst weiter. ?Nur Elisabeth darf nicht gefunden werden. Das w?re ein gro?es Problem. Ein sehr gro?es sogar. K?nnte man vielleicht….Nein, wir k?nnen diese nicht woanders hinbringen. Das geht leider einfach nicht.“
Als sie dann mit allem fertig war, nahm sie ihre Kerze und verlie? den geheimen Kellerraum wieder. Sie schloss die alte Türe hinter sich und stieg wieder die finstere Treppe hinauf. Zu diesem Zeitpunkt war sie sich noch nicht im Klaren darüber, dass der Junge bereits bei den Revolution?ren war. Der Gedanke, dass das passieren k?nnte, war ihr natürlich gekommen, doch hielt sie es aufgrund der Umst?nde für zu unwahrscheinlich. Diese Einstellung würde sich nicht bezahlt machen.