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010.1 Hinterher! (Teil 1)

  ?Also gut! Wir stellen den linken Fu? nach vorne.“ Der Junge folgte der Anweisung. ?Dann nimmst du dein Schwert“, er reichte ihm sein Schwert in die rechte Hand, ?und h?ltst es gerade nach oben und auf Schulterh?he“, gab Brahm ihm seine Instruktionen. Es war früh morgens und Wenzels Schwerttraining hatte begonnen. Eigentlich wollte der Kommandeur mit dem Training am Speer beginnen, jedoch wollte Wenzel unbedingt mit der für ihn eindeutig besseren Waffe anfangen. Zur Antwort hatte ihm Brahm Folgendes gegeben: ?Die Effektivit?t des Speeres wird von Laien sehr oft untersch?tzt. Er mag zwar nicht die ikonischste oder ?coolste“ Waffe sein, doch hat er eine gr??ere Reichweite und oft mehr Flexibilit?t als das einfache Schwert. Im Zweikampf zwischen einem Speerk?mpfer und einem Schwertk?mpfer würde ich sagen, dass der mit dem Speer die besseren Karten hat. Insgesamt h?ngt das alles aber natürlich davon ab, wie gut man damit umgehen kann.“ Wenzel hatte trotzdem auf seiner Pr?ferenz bestanden. Ohnehin musste er zuerst Aufw?rmtraining machen, welches Liegestütze, Situps und einen kurzen Lauf umfasste. Bevor er irgendwas Interessantes lernte, war er schon au?er Atem! Wie dem auch sei, nun erhielt er seine erste Schwertkampfstunde.

  Brahm fuhr fort: ?Jedenfalls willst du m?glichst viel Abstand zwischen dich und deinen Gegner bringen. Darum solltest du dein Schwert nach vorne bringen.“ Wenzel tat dies. ?Wenn du angreifst, machst du Schritte nach vorne, aber auch nach rechts, damit du dich hinaus aus der Angriffslinie des Gegners bewegst. Bei der Grundtechnik, die wir hier lernen, dem sogenannten Oberhau, bringst du dein Schwert von oben auf den Gegner herab. Alles klar soweit?“ – ?Ja“, antwortete er kurz. Dann übten Wenzel und sein übungspartner, Isidor, diese Bewegung immer wieder. Wie erwartet, war Wenzel noch recht schlecht, was alle notwendigen Faktoren in Bezug auf das K?mpfen anging. Das war nur logisch. ?Dein K?rper muss eine Menge Grundst?rke aufbauen, die dir noch fehlt. Daran werden wir in n?chster Zeit auf jeden Fall arbeiten“, erl?uterte ihm sein Bodyguard. Der Bursche wusste, dass das eine vollkommen korrekte Beobachtung war. Diesbezüglich lag ein langer Pfad vor ihm.

  Sp?ter ging’s auch ans Lernen des Speerkampfes. Die zuvor erw?hnten Argumente Brahms dazu leuchteten Wenzel schon ein, er hatte nur noch nie über diese Dinge zuvor nachgedacht. Der Speer war prim?r eine Sto?waffe, jedoch konterte man oft den Gegner mit einem gegenl?ufigen Schlag, nicht einem Stich, wenn dieser gerade einen Angriff verfehlt hatte. All das verlangte Geschicktheit, die der Junge noch nicht hatte, aber auch übte. Immer wieder bekam er Angriffe ab und scheiterte. Brahm, der diesmal sein übungspartner war, gab ihm kein Pardon. Er wollte ihn ernsthaft auf den Kampf vorbereiten. Schlie?lich lie? sein Schüler den übungsspeer aus seinen verschwitzten H?nden fallen. Er war fix und fertig.

  ………..Zeit fürs Mittagessen! ?Oh, Gott! Das wird ein langer Tag werden!“, wurde sich Wenzel da bewusst. Endlich konnte er sich mal zur Seite setzen. Sie a?en einen einfachen Getreidebrei zu Mittag. Mehr gab es nicht. Wenzel würde sich sowieso mit allem begnügen. W?hrend dem Essen quatschten seine Leibw?chter vergnügt miteinander und mit Wenzel. ?Hast dich ganz gut geschlagen fürs erste Mal, Kleiner!“, sagte Brahm. ?Wirklich?“ – ?Naja, eigentlich nicht“, kam es scherzhaft von seinem Ausbilder zurück, der darauf über seine eigene Aussage zu lachen begann. Wenzel lachte ein klein wenig mit. Dann klopfte er dem Jungen auf die Schulter und sprach: ?Aber das wird schon. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.“ Generell macht Brahm oft Scherze. Er war ein sehr positiver Typ und er konnte Wenzel eindeutig gut leiden. Auch Isidor, vermutlich angesteckt von Brahms überschw?nglichkeit, war auch gut aufgelegt.

  Dann aber wollte Wenzel sie etwas fragen, das ihn schon eine ganze Weile besch?ftigt hatte. ?Hey, ich habe noch nicht sonderlich viel mit den anderen M?rtyrern hier kommuniziert. Wie ist das eigentlich mit unserer Organisation? Wir sind sicher nicht nur Ordanier, oder?“ So leitete er das Thema ein. Der Junge wollte die Frage, die er beantwortet haben wollte, nicht direkt stellen. Isidor erwiderte: ?Wir sind aus verschiedenen Gegenden und Kulturen. Die meisten der M?rtyrer sind natürlich von hier, aus Ordanien, aber definitiv nicht alle.“ Wenzel h?rte interessiert zu. ?Was uns verbindet ist nicht eine gemeinsame Sprache oder Blut. Nein, wir k?mpfen für Gott und für eine bessere Zukunft!“ Der Mann pausierte kurz, fuhr dann aber fort. ?Und natürlich k?mpfen wir auch für den Erkorenen Gottes.“ Dabei schaute er Wenzel ins Gesicht, der sich etwas verlegen abwandte. Daraufhin signalisierte Brahm seinem Kollegen mit einem Kopfschütteln, dass es genug sei.

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  ?Also von überall in Kaphkos, oder? Auch in den h?heren R?ngen? Weil ich hab hier den Eindruck, dass die Befehlshaber hier alle aus Ordanien sind“, bohrte Wenzel noch nach. Im Endeffekt wollte er etwas über Theodor erfahren. Er würde nicht entt?uscht werden. ?So viel ich geh?rt habe ist sogar unser Anführer nicht aus Ordanien“, ?u?erte sich Brahm. In dem Moment spitzte der Bursche seine Ohren. ?Angeblich ist er aus dem Kascharenland. Wenn es sein Aussehen noch nicht verraten hat, kannst du es mitkriegen, indem du ihm genau beim Reden zuh?rst.“ Er hatte recht. Auch Wenzel hatte ganz leichte Ans?tze eines ausl?ndischen Akzents bei Theodor ausmachen k?nnen, nur konnte er diesen nicht einordnen. Den einzigen Akzent, den er bisher gekannt hatte, war der camenische Peters. Mitgerissen, lie? Wenzel jeglichen Vorwand fallen und stellte seine n?chste Frage direkt: ?Wie kann er dann Theodor hei?en, wenn er aus Kascharovar ist? Das ist kein kascharischer Name.“ – ?Ganz einfach“, entgegnete Brahm, ?er hat sich hier Taufen lassen und einen ordanischen Namen angenommen.“

  Nun machte alles Sinn. Wenzel war zufrieden mit dieser Auskunft. Naja, so zufrieden man mit dem Wissen sein konnte, dass August ihn tats?chlich vor etwas gewarnt hatte. Aber stimmte das wirklich? Wer war Theodor wirklich und waren seine Ziele wirklich das, was er behauptete? Wenzel wusste nicht mehr, was er glauben sollte. Diese Sache würde Wenzel nun noch lange belasten. Danach würden die drei noch kurz über ein paar Dinge weiterplaudern, die für den Jungen von geringerer Relevanz waren. Bald schon setzten sie aber das Training fort. Und genauso, wie der Bursche es erahnt hatte, würde es ein zermürbend anstrengender Tag werden. Vor allem mit dem Schwert wurde er gefühlt eine Million Mal getroffen. Der Bursche hatte zwar dicke Gew?nder an, die verhindern sollten, dass er davon Schaden nahm, und noch dazu benutzten sie für den Anfang nur Holzschwerter, aber trotzdem konnte das alles nicht die gesamte Wucht der Hiebe und Stiche abfedern. Der Junge würde einen Haufen blaue Flecken von alldem mitnehmen.

  Auch das Parieren würde Wenzel heute lernen und immer und immer wieder üben. Oder zumindest versuchten sie das. Der junge Mann tat sich sehr schwer damit seinen Gegner zu parieren. Und als ob das alles noch nicht genug gewesen w?re, fiel noch eine weitere Sache an. Am sp?teren Nachmittag bekam der Bursche dann auch noch seine ersten Reitstunden. Er hatte keine Angst vor diesen Tieren, das sicher nicht, aber er hatte noch keine Erfahrung. Zuerst setzte ihn Brahm auf das Pferd und führte es an den Zügeln umher, um dem Jungen einmal ein Gefühl für das Reiten zu geben. Bald schon erkl?rte er Wenzel wie er das Pferd zu führen hatte und was er tun musste, damit es ritt oder stehen blieb und so weiter. Zu seiner überraschung stellte dies ausnahmsweise kein gro?es Problem für den Burschen dar und er schaffte es am ersten Tag sogar schon von selbst ein wenig mit seinem Gaul auf und ab zu reiten.

  An diesem Abend fiel er hundemüde ins Bett. Alle Muskeln, naja, eigentlich sein ganzer K?rper tat ihm weh. Er hatte Schwielen an den H?nden und Blasen an den Fü?en. Das würde von nun an normal werden. Für ihn hatte ein neues Leben begonnen. Es würden jetzt viele Tage und Wochen verstreichen. Und fast jeden Tag davon verbrachte Wenzel mit Trainieren. Es war grundlegendes Kraft- und Ausdauertraining, aber auch alles andere. Er lernte das Reiten und verbesserte sich sichtlich im Umgang mit Schwert und Speer. Als richtigen K?mpfer konnte man ihn sicher noch nicht bezeichnen, doch sein Fortschritt war unleugbar und unverkenntlich. Wie lange es dauern würde, bis ?ein Mann aus ihm werden würde“, wie Theodor es formuliert hatte, wusste er nicht. Au?erdem begann Wenzel, wenn er noch irgendwie Zeit übrig hatte an seiner Beherrschung von Magie zu arbeiten. Schweben konnte er schon recht gut, aber bei der Telekinese war er noch sehr unbeholfen. Somit suchte er sich bei Gelegenheit einen Ort im Wald, wo ihn keiner sah und lie? ein paar Tannenzapfen oder auf den Boden gefallene ?ste schweben. Langsam verbesserte sich auch sein Feingefühl für diese Dinge. Für mehr hatte er leider kaum Zeit. Sein Tag war ausgebucht. Isidor und Brahm waren definitiv stolz auf ihn. Doch w?hrend all das passierte, blieb die Uhr nicht stehen.

  Im Lager ging das Wort um, dass der Erkorene zurückgekehrt sei. Das war wenig verwunderlich, da schon mehrere Leute die Information erfahren hatten. Daher ging die Nachricht nun wie ein Lauffeuer durch die R?nge. Und die Vermutung fiel natürlich sofort auf Wenzel. Er war erst kürzlich dazugekommen und vor allem bekam er eine Sonderbehandlung, obwohl er in ihren Augen noch ein Kind war. Niemand wagte es jedoch den Jungen pers?nlich zu fragen. Die Zuweisung von Isidor und Brahm, also zweier Kommandeure, als seine Leibwache, machten die Sache jedoch relativ klar für alle. Den Burschen bereitete das durchaus Sorge. Er würde wohl mit Theodor und August über die Angelegenheit sprechen müssen. Sie wollten ja, dass seine Identit?t geheim gehalten würde. Ob dies die klügste Vorgehensweise war, dürfte man wohl bezweifeln.

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